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Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst: Fragen und Antworten

Wer war Friedrich Wilhelm, der Große Kurfürst? Wie kam er zu diesem Beinamen? Wo wuchs er auf? Was führte ihn in die Niederlande? Wann übernahm Friedrich Wilhelm die Regentschaft über Brandenburg-Preußen? Mit wem war Friedrich Wilhelm verheiratet, und wie oft? Wie nutzte er seine wechselnden Bündnisse zu seinem Vorteil? In welche Kriege war er verwickelt? Wie verhielt er sich gegenüber den Hugenotten? Diese und einige weitere Fragen wollen wir – gerafft – in diesem Beitrag beantworten. 

Intro

Was war Brandenburg-Preußen vor Friedrich Wilhelms Amtsantritt?

Zum Zeitpunkt, als Friedrich Wilhelm (1620-1688) das Erbe seines Vaters,

  • Kurfürst Georg Wilhelm (1595-1640) aus der Dynastie der Hohenzollern

antrat, konnte von einem Staat Brandenburg-Preußen im Sinne des Wortes noch keine Rede sein.

Die Besitzungen der Hohenzollern beschränkten sich im Wesentlichen auf die Mark Brandenburg. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts vergrößerten sie ihr Territorium mittels Erbschaften und Ankäufe über ein von Königsberg bis an den Niederrhein reichendes, also weit verstreutes Einflussgebiet.

Dennoch wird es Friedrich Wilhelm – ab 1640 Kurfürst von Brandenburg, Herzog in Preußen, Pommern und Kleve, sowie Fürst in Minden und Halberstadt – zugeschrieben, den Grundstein für den Aufstieg Brandenburgs zu einer europäischen Großmacht gelegt zu haben. Ob Friedrich Wilhelm das in seinen knapp fünfzig Herrschaftsjahren tatsächlich erreicht hat, oder dieser Eindruck lediglich einer nachträglichen Erhöhung zum "Großen Kurfürsten" späterer Geschichtsschreiber geschuldet ist, bleibt, wie Theodor Fontane (1819-1898) Effi Briest in seinem gleichnamigen Roman hat sagen lassen: "… ein weites Feld …".

Kindheit und Jugend

Wo, wie und bei wem wuchs Friedrich Wilhelm auf?

Friedrich Wilhelm wurde, knapp zwei Jahre nach Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648), am 16. Februar 1620 in Cölln (heute: Berlin Mitte) geboren und wuchs, von den Eltern getrennt, auf im Jagdschloss Letzlingen (bei Gardelegen/Sachsen-Anhalt) sowie in der Festung Küstrin (heute: Ostteil Polen, Westteil Küstrin-Kietz/Brandenburg).

Mit Vierzehn schickten ihn die Eltern in die Niederlande, wo er sich von 1634 bis 1638 primär am Hof des Prinzen Friedrich Heinrich von Nassau-Oranien in Den Haag, des Onkels seiner Mutter, Prinzessin Elisabeth Charlotte aus der Pfalz (1597-1660), aufhielt.

Dort, in den Niederlanden, besuchte Friedrich Wilhelm die eine oder andere Vorlesung an der Universität Leiden/Südholland, erhielt seine Ausbildung aber schwerpunktmäßig im Privatunterricht. Im Sommer 1638 kehrte er, weniger freiwillig, als mehr oder weniger auf Anordnung des Vaters zurück nach Berlin. Einer Stadt, die, wie auch die drum herum liegende Mark Brandenburg, schwer unter den Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges, einhergehend mit Seuchen, Bevölkerungsschwund und wirtschaftlichem Niedergang, gelitten hatte.

1640-1648

Welchen Widrigkeiten waren Friedrich Wilhelms ersten Herrschaftsjahre ausgesetzt?

Nach dem Tod Georg Wilhelms im Dezember 1640, übernahm Friedrich Wilhelm – mit zwanzig Jahren – übergangslos die Nachfolge. Zuerst von der Schwanenburg in Kleve (heute: Nordrhein-Westfalen), ab 1646, wieder zurück in Berlin, von der Mark Brandenburg aus.

Immer noch waren Teile des geografisch schwer zu überblickenden preußischen Flickenteppichs von gegnerischen Truppen besetzt, und bei den adeligen Landesherren dieser Gebiete traf Friedrich Wilhelm auf Widerstände und Einschränkungen, die seine Herrschaft in Frage zu stellen drohten.

Dem Streit mit Letzteren begegnete er mit einem Kompromiss – er ließ die wie eine heilige Kuh betrachteten Feudalrechte des Adels zwar unberührt, verlangte von ihnen aber angemessene Abgaben zwecks Sanierung der Staatskasse. Immerhin musste er die geografisch getrennten Landschaften irgendwie versuchen miteinander zu verbinden. Entweder durch Kauf, oder durch Eroberung. Beides ging nur mit genügend Barem. Eine kaum zu bewältigende Aufgabe.

Wen ehelichte Friedrich Wilhelm wann, und was erhielt Preußen im Westfälischen Frieden?

Nach einem fehlgeschlagenen Versuch, Christina (1626-1689), Tochter und Nachfolgerin des schwedischen Königs Gustav II. Adolf (1594-1632), zu ehelichen, schwenkte Friedrich Wilhelm kurzerhand um, und heiratete 1646

  • Prinzessin Luise Henriette von Oranien-Nassau (1627–1667),

die Tochter des Statthalters der „Vereinigten Niederlande“, Friedrich Heinrich von Oranien (1584-1647).

Aus der Ehe gingen sechs Kinder hervor, von denen Friedrich III. (1657-1713) nicht nur 1688 die Nachfolge des "Großen Kurfürsten" antrat, sondern sich 1701 sozusagen selbst als Friedrich I. zum König in Preußen erhob.

Westfälischer Friede

Die anlässlich der Friedensgespräche in Münster und Osnabrück zwischen 1645 und 1648 verhandelte Flurbereinigung des Reiches, brachte für Preußen keine wirklich aufsehenerregenden Territorialgewinne. Bis auf

  • Hinterpommern-Cammin (heute: Polen),
  • Minden und Halberstadt,
  • die Grafschaft Hohenstein im Harz sowie
  • die Anwartschaft auf das Erzbistum Magdeburg.

Vorpommern hingegen, das dringend benötigte Verbindungsstück zwischen Brandenburg und dem Neuerwerb Hinterpommern-Cammin, wurde Schweden zugesprochen – ein bleibender Dorn im Auge Friedrich Wilhelms.

1654-1660

Wann, wo und von wem erhielt Preußen seine Souveränität?

Im Laufe seiner Regierungszeit entwickelte Friedrich Wilhelm eine ausgeprägte Bündnispolitik, um nicht zu sagen: Er wechselte die Seiten in geradezu aberwitzig schneller Folge. So auch im Zuge des sogenannten Zweiten Nordischen Krieges (1655-1660).

Hatte Friedrich Wilhelm sich nach 1648 noch bemüht, auf diplomatischem Wege zu einer Einigung mit Schweden zu finden, änderte sich das 1654/55, als er der schwedischen Armee auf ihrem Marsch nach Polen, Kost und Logie gewähren und 1656 die schwedische Lehnshoheit über Preußen hinnehmen musste.

Dennoch zog der Brandenburger mit dem Schweden

  • Karl X. Gustav (1622-1660) im Juli 1656 in die Schlacht bei Warschau,

erhielt im Vertrag von Labiau im November des Jahres die Auflösung der schwedischen Lehnshoheit, wechselte, um auch die polnische Lehnshoheit endlich loszuwerden, sozusagen von Schweden nach Polen, und bekam im Mai 1660 im Frieden von Oliva (nahe Danzig) nach ausgiebigen Verhandlungen

  • zwischen ihm,
  • dem habsburgischen Kaiser Leopold I. (1640-1705),
  • Karl XI. von Schweden (1655-1697) und
  • König Johann II. Kasimir von Polen-Litauen (1609-1672),

die Souveränität des Herzogtums Preußen zuerkannt.

1660-1688

Womit war Friedrich Wilhelm in den Jahren nach dem Zweiten Nordischen Krieg beschäftigt?

Das Folgejahrzehnt war, oberflächlich betrachtet, unter anderem geprägt von

  • äußerem Frieden,
  • der Restrukturierung staatlicher Institutionen (z.B.: Finanzen, Militär),
  • von konfessionellen Meinungsverschiedenheiten,
  • mit nach wie vor schwelendem Ärger mit den Ständen,
  • dem grundsätzlichen wirtschaftlichen und kulturellen Wiederaufbau der Mark Brandenburg,
  • dem Ausbau des Potsdamer Stadtschlosses ab 1664 und, last not least,
  • Friedrich Wilhelms zweiter Heirat.

Ein Jahr nach dem Tod Luises, im Juni 1668, heiratete Friedrich Wilhelm die verwitwete Herzogin Dorothea von Braunschweig und Lüneburg. Auf Schloss Gröningen bei Halberstadt. Dorothea „schenkte“ ihrem Gatten sieben Kinder. Vier Jungen, drei Mädchen.

PS

Auf Dorotheas Initiative ist die Errichtung der Berliner Neustadt (ab 1676: "Dorotheenstadt") mit der Lindenallee (heute: "Unter den Linden") zurückzuführen.

Wann, wo und mit wem vertrieb Friedrich Wilhelm die Schweden?

War Friedrich Wilhelm bereits 1659 im Zweiten Nordischen Krieg in das für ihn so wichtige Vorpommern einmarschiert, ohne es besetzt halten zu können, gelang ihm das 1678 auch nicht im Zuge des vom französischen König Ludwig XIV. (1638-1715) initiierten Niederländisch-Französischen bzw. Brandenburgisch-Schwedischen Krieges (1672-1679).

Ludwigs XIV. Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln wurde unterstützt von England und Schweden. Friedrich Wilhelm, das politische Chamäleon,

  • sprang zuerst den Niederlanden bei,
  • schloss 1673 den sogenannten Separatfrieden zu Vossem (Flandern/Belgien) mit Frankreich,
  • wandte sich aber 1674/75 erneut gegen Frankreich, als dessen Bündnispartner Schweden in die Mark Brandenburg einfiel.

Der phänomenale Sieg Brandenburg-Preußens im Sommer 1675 in der Schlacht bei Fehrbellin unter Führung des kurfürstlich-brandenburgischen Feldmarschalls Georg von Derfflinger (1606-1695), soll Friedrich Wilhelm die Bezeichnung „Der Große Kurfürst“ eingebracht haben.

Endgültig vertrieben wurden die Schweden dann gute vier Jahre später. Im Winter 1778/79. Mit dem "Jagd über das Kurische Haff" oder auch "Große Schlittenfahrt" genannten berühmt gewordenen Rückzug der Schweden. Womit der Nordische Krieg beendet war.

Schlussbemerkung

Wie lässt sich Friedrich Wilhelms Streben zusammenfassen?

Zur Zeit Friedrich Wilhelms, des Großen Kurfürsten, war Deutschland kein Nationalstaat. Es bestand aus einer breiten Palette von Herzog- und Fürstentümern, Grafschaften und aufstrebenden Städten. Ein Teil dieses Flickenteppichs, an dessen Spitze ein Kaiser des Heiligen Römischen Reiches (Deutscher Nation) stand, war Brandenburg-Preußen.

Aus dem Konglomerat seines Machtbereichs einen Gesamtstaat zu machen, ist ihm, Friedrich Wilhelm, in seinen achtundvierzig Regierungsjahren nicht gelungen. Bis auf das zu Wege bringen des Verzichts Polens auf die Lehenshoheit über (Ost)Preußen. Mit dem Vertrag von Wehlau erhielt der Große Kurfürst 1657 die Souveränität des Herzogtums Preußen.

Darüber hinaus war Friedrich Wilhelm bestrebt, die über Deutschland verstreut liegenden preußischen Gebiete – gegen alle Widerstände und Sonderinteressen der Fürsten vor Ort – unter einen Hut zu bringen. Kraft Amtes mit Dekreten, Edikten und Verfügungen. Aber, auch das nur mit mäßigem Erfolg. Niemand hatte Lust, seine Pfründe und Privilegien zu verlieren.

Was bleibt?

Friedrich Wilhelm, häufig depressiv, entscheidungsschwach, manchmal aufbrausend und unbeherrscht auftretend,

  • war gottesfürchtiger Calvinist, also sogenannter Reformierter,
  • zeigte sich dennoch weitestgehend tolerant gegenüber anderen Glaubensrichtungen,
  • war offen für Zuwanderungen (z.B. Hugenotten aus Frankreich),
  • beschränkte seine baulichen Initiativen vorwiegend auf die Errichtung von Festungsanlagen,
  • gründete Universitäten, ließ Kanäle und Straßen bauen,
  • schuf ein stehendes Heer,
  • versuchte – ebenfalls kein Hit – eine brandenburgische Marine aufzubauen,
  • gründete die Brandenburgisch-Afrikanische Compagnie mit der Kolonie Groß Friedrichsburg in Westafrika

und soll – so die landläufige Meinung, die allerdings unter den Historikern inzwischen stark einschränkend beurteilt wird – Brandenburg-Preußen immerhin zu einer nicht zu unterschätzenden europäischen (Mittel)Macht geführt und das Fundament des späteren preußischen Staates gelegt haben ...

Autor:

Quellen:

  • "Preußen" (Christopher Clark/Pantheon Verlag, DVA)
  • "Preußen ohne Legende" (Sebastian Haffner/Wilhelm Goldmann Verlag)
  • "Der Große Kurfürst" (Barbara Beuys/Deutscher Taschenbuchverlag/dtv)
  • "Söldner, Diener, Majestäten" (Das farbige LIFE Bildsachbuch/rororo)
  • "Die Hohenzollern" (Uwe Klußmann, Norbert F. Pötzl, Hg./DVA Spiegel Buchverlag)
  • "Geschichte - kompakt & visuell" (Philip Parker/Dorling Kindersley Verlag München)
Haben Sie eigene Erfahrungen oder eine andere Meinung? Dann schreiben Sie doch einen Kommentar (bitte Regeln beachten).

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