Otto III., wer war das?
- Aktualisiert: Mittwoch, 10. August 2022 11:01
Warum wurde Otto III. schon mit drei Jahren zum König gekrönt? Wann trat er die Regentschaft wirklich an? Wer übernahm die Vormundschaft für Otto III.? Von wem wurde Otto III. gekidnappt? Auf diese und einige weitere Fragen möchten wir in diesem Beitrag Antworten geben.
Kurzbiografie
Wer war Otto III. – wo und wie wuchs er auf?
Otto III. (980-1002) war, wie die Nummerierung zeigt, der dritte Otto des nach allen Dreien benannten Geschlechts der Ottonen:
- Sein Vater war Otto II.,
- sein Großvater Otto I. der Große,
- die Mutter, die aus Byzanz stammende Griechin, Prinzessin Theophano und
- seine Großmutter war die kultivierte Adelheid von Burgund.
Als Ottos Vater (Otto II.) 983 verstarb, war der kleine Otto drei Jahre alt. Zwar wurde er bereits Weihnachten 983 in Aachen von zwei Erzbischöfen zum König gekrönt, trat aber die Regentschaft erst gute elf, zwölf Jahre später (994/995) an. Also mit Vierzehn oder Fünfzehn.
Otto wuchs in Aachen auf. In byzantinisch-orientalischem Ambiente. Seine Mutter, die aufgrund ihrer Herkunft nach wie vor einen starken Bezug zur altgriechischen Kultur pflegte, übernahm die Erziehung. Auch insofern, als dass sie für die brillantesten und herausragendsten Lehrkräfte und Berater sorgte. Gelehrte jeglicher Couleur sollen Otto umgeben haben, wie die Mücken das Licht.
"Mirabilia mundi"
Der Begriff "Mirabilia mundi" (Wunder der Welt; Weltwunder) wurde Otto III. von Zeitgenossen bereits zu Lebzeiten angeheftet.
Im Gegensatz zu den zu rötlichen Haaren und Teint neigenden beiden vorherigen Ottos (dem I. und II.), sollen beim dritten die Genen der byzantinischen Mutter Theophano durchgeschlagen haben. Otto III. wird als schlank, dunkelhaarig und gut aussehend beschrieben.
Verbürgt soll sein, dass er – außer der Muttersprache "Deutsch" – auch des Lateinischen und Griechischen mächtig war. Otto war beschlagen in Mathematik, hatte Freude an philosophischen Fragen, setzte sich mit Literatur, Malerei, Architektur sowie Musik auseinander und verstand es, seinen Gesprächspartnern rhetorisch auf Augenhöhe zu begegnen.
Neben der Förderung seiner musischen und geistigen Begabung, wurden Spiel, Sport und Jagd in seiner Erziehung selbstverständlich nicht vernachlässigt. Früh konnte Otto III. reiten und war mit dem Waffenhandwerk vertraut.
Kurz und gut – Otto III. galt als ausgesprochen talentiertes Kind, als schulischer Überflieger sozusagen und folglich später als hoch gebildeter Kaiser. Dass er bei all diesen Vorzügen nicht als arroganter Klugschwätzer rüber kam, zeichnete ihn aus. Ein toller Typ, ein Mirabilia mundi, eben ...
Inauguration und früher Tod
Ein Jahr nach Übernahme der Regierungsgeschäfte, 996, wurde Otto III. von Papst Gregor V. (Papst von 996-999) zum Kaiser gesalbt. Zuvor hatte Otto Gregor, der mit bürgerlichem Namen Bruno von Kärnten hieß, mit Nachdruck und Einfluss auf den Heiligen Stuhl platziert.
Weitere sechs Jahre später (1002) verstarb Otto III. – einundzwanzigjährig – nahe Rom. Auf seinen Wunsch hin, wurde er nach Aachen überführt und an der Seite Karls des Großen beigesetzt.
Vormundschaft
Wer übernahm die Vormundschaft für Otto III.?
Das war bis zu ihrem Tod 991,
- Ottos III. Mutter, Theophano, die während ihrer Interimsregentschaft sogar Urkunden mit dem selbstbewussten Titel: "Theophano divina gratia imperatrix augusta" (Theophano, Kaiserin von Gottes Gnaden) unterzeichnete.
Dann übernahm – bis zu Ottos vierzehntem Geburtstag (994) – die Großmutter,
- Adelheid von Burgund,
das Regiment.
Waren Theophano und Adelheid ein tolles Team?
Nein, keineswegs! Beide Frauen konnten unterschiedlicher nicht sein.
Adelheid um die Fünfzig und mit ausgeprägt frömmelndem Naturell ausgestattet; Theophano jung, aufwendig im Lebensstil, intelligent und allem Neuen aufgeschlossen, hatte die Beiden letztlich der Tod Ottos II. zur Bildung einer Interessengemeinschaft bewogen. Deren Sinn lag allerdings einzig darin, den Thron für Otto III. bis zu dessen Volljährigkeit frei zu halten.
Während Theophano von 983/84 bis zu ihrem Tod 991 – da war sie gerade einmal fünfunddreißig Jahre alt – gegen jegliche Widerstände im Reich alles gab, ihrem Sohn den Thron bis zu dessen Volljährigkeit frei zu halten, neigte ihre fromme Schwiegermutter und Großmutter Ottos III., Adelheid von Burgund, mehr dazu, ihre Position zum Vorteil der Kirche zu nutzen.
Es kam, wie es kommen musste – nämlich zu Spannungen, in deren Folge die durchsetzungsstärkere Theophano die Oberhand behielt. Schließlich strich Adelheid die Segel, kapitulierte und zog sich nach Pavia zurück.
Kurzes Comeback der Großmutter
Nach dem Tod Theophanos im Sommer 991 in Nimwegen/Niederlande, wurde Adelheid aus Pavia, wo sie den Job eines Prokurators wahrgenommen hatte, an den Hof zurückgerufen. Für die nächsten drei Jahre führte sie die Regierungsgeschäfte ihres Enkels.
Dann allerdings, als Otto III. schließlich und endlich mit vierzehn, fünfzehn Jahren (994/995) die alleinige Herrschaft übernahm, befreite er sich unverzüglich und ohne Skrupel von allen, die ihn bis dahin bevormundet hatten – wobei Otto auch vor seiner Großmutter Adelheid nicht Halt machte.
Adelheid ging ins Kloster, engagierte sich für wohltätige und soziale Zwecke, verstarb 999 und wurde von Papst Urban II. im Jahre 1097 wegen ihrer aufopferungsvollen Tätigkeit „heilig“ gesprochen.
Geiselnahme
Von wem wurde Otto III. gekidnappt?
Der Kidnapper war Heinrich II. der Zänker (951-995), aus der Familie der Luidolfinger. Sein Vater war Heinrich I. von Bayern, sein Onkel Otto I. der Große.
Von 955 bis 976 und – nach Unterbrechung – von 988 bis 995 war Heinrich Herzog von Bayern. Ab 989 war er als Herzog auch noch für Kärnten in Österreich verantwortlich.
Den Beinamen "der Zänker" erhielt er posthum, weil er ständig im Streit mit seinem Cousin Otto II., dem Vater Ottos III., lag.
Als nun der Zänker 983 vom Tod Ottos II. erfuhr, sah er seine Stunde gekommen. Endlich und wie er glaubte, rechtmäßig, wollte er sich an Ottos III. Stelle setzen. Er ignorierte die legitime Nachfolge Ottos III., kidnappte das Kind, ließ sich 984 von willigen Anhängern zum König ausrufen – hatte aber die Rechnung ohne Theophano und Adelheid von Burgund gemacht.
Auf dem Reichstag in Rara bei Meiningen, musste der Zänker den Kindkönig an die Mutter aushändigen und sich damit abfinden, dass Theophano mit der Vormundschaft Ottos III. betraut wurde. Heinrich der Zänker hatte das Nachsehen.
Erste Gehversuche
Was waren Ottos III. erste politischen Schritte?
Als der im September 994 fünfzehnjährige Otto III. auf dem Reichstag in Solingen für volljährig erklärt wurde und somit die alleinige Herrschaftsgewalt innehatte, stellten sich ihm zwei dringliche Szenarien:
Zum einen mussten den sich wieder einmal gegen die christliche Missionierung rebellierenden Slawen die Grenzen aufgezeigt werden, zum anderen verlangte der übliche und scheinbar nicht enden wollende Knatsch zwischen Papst und römischem Adel nach Ottos Eingreifen.
Mit seinem Feldzug 995 gegen die Elbslawen mit Unterstützung der Polen und Böhmen, sorgte Otto – immerhin – für zwischenzeitige Ruhe.
Sein erster Marsch nach Italien 996, galt dann der Schlichtung des inzwischen schon gewohnheitsmäßigen Zoffs zwischen Papst und römischem Adel sowie – damit einhergehend – der Erhaltung seiner weltlichen Vormachtstellung gegenüber der Kirche.
Von wem wurde Otto III. zum Kaiser gekrönt?
Vom kurz zuvor von Otto III. ins Amt gehievten nahen Verwandten Bruno, der nun – als erster deutscher Papst – Gregor V. (Papst von 996-999) hieß.
Ottos Krönung zum Kaiser des "Heiligen Römischen Reiches" fand im Frühjahr 996 im Petersdom in Rom statt. Der Querulant und Gegenspieler Crescentius wurde zwar verbannt, blieb aber – auf Fürsprache Gregors V. – ansonsten unbehelligt. Was ein Fehler war!
Denn schon kurz darauf wurde Gregor von Crescentius aus Rom gejagt, und durch einen Gewährsmann des Crescentius´ ersetzt – eines Erzbischofs aus Piacenza, der so zum Gegenpapst Johannes XVI. (Papst von 997-998) wurde.
Abenteuer Italien
Warum reiste Otto III. ein zweites Mal nach Rom?
Die Kaiser der damaligen Zeit, scheinen als so etwas wie eine ständig Gewehr bei Fuß stehende Eingreiftruppe fungiert zu haben. Ganz besonders galt das für Italien, wo es hieß, sich gegen die Päpste zu behaupten. Und ganz unmöglich waren Päpste, die nicht des Kaisers Zustimmung fanden. So war es auch jetzt.
Papst Gregor V., Cousin Ottos III. und gerade erst von diesem eingesetzt, war vom übelwollenden römischen Adeligen Crescentius I. Nomentanus
- vom Heiligen Stuhl vertrieben worden,
- hatte sich nach Spoleto (Umbrien/Italien) abgesetzt und war durch
- einen Günstling Crescentius´ (Papst Johannes XVI.) ersetzt worden.
Das ging nun überhaupt nicht. Also wurde Otto wieder einmal dringend in Rom gebraucht.
Mit Gregor V. im Schlepptau, traf Otto III. um den Jahreswechsel 997/998 erneut in der Stadt ein und beschloss, ein Exempel zu statuieren.
Der auf der Flucht aufgegriffene Papst von Crescentius´ Gnaden, Johannes XVI., wurde aufs Fürchterlichste entehrt und verstümmelt, aber am Leben gelassen; der penetrante Aufwiegler Crescentius auf brutale Weise hingerichtet.
"Renovatio imperii Romanorum" – was ist das?
Nachdem Otto III. ziemlich brutal, aber letztlich erfolgreich, die päpstlichen Angelegenheiten seines Verwandten Papst Gregors V. geregelt hatte, entschied er sich zu einem etwas längeren Aufenthalt vor Ort. Die folgenden zwei Jahre (997 bis 999) seiner Anwesenheit in Italien nutzte er dahingehend, das eine oder andere Relikt der Kirche zu reformieren – was ihm partiell auch gelang.
Allerdings hatte er mit seinem idealistischen Programm "Renovatio imperii Romanorum", einer Erneuerung des Römischen Reiches, weniger Erfolg.
Die Überlegungen, die diesem idealistischen, letztlich aber visionären Vorhaben zugrunde lagen, waren – unter anderem:
- die Idee einer Föderation West- und Ostroms, in der die Herrschaftsansprüche von Papst und Kaiser sozusagen gleichberechtigt gestaltet werden sollten,
- die Zusammenführung byzantinischer und römischer Traditionen und Kultur und vor allem
- eine christliche Lebensführung zu pflegen.
Obwohl Ottos Vorstoß in dieser Angelegenheit nicht gut angekommen zu sein schien, setzte er sich doch in einem Punkt durch. Rigoros lehnte er die der Kirche vorliegende und (angeblich) im 4. Jahrhundert von Kaiser Konstantin dem Großen (272-337) veranlasste "Konstantinische Schenkung" – nach der einzig dem Papst das Sagen über die Christenheit zugesprochen worden sein sollte – als Fälschung ab.
Und er hatte Recht mit dieser Ablehnung! Im 15. Jahrhundert wurde das Dokument in der Tat als Fake enttarnt.
Wie wurde Gerbert von Aurillac zu Papst Silvester II.?
Gerbert von Aurillac (950-1003) war Franzose, Mathematiker, Erzbischof von Reims, ein guter Freund Ottos III. sowie derjenige, der Otto den Gedanken der "Renovatio imperii Romanorum" (Erneuerung des Römischen Reiches) vermittelt hatte. Vermutlich bestand zwischen beiden so etwas, wie eine Seelenverwandtschaft.
Als Papst Gregor V. 999 mit siebenundzwanzig Jahren unerwartet verstarb, schien es also folgerichtig, dass Otto III. seinen ehemaligen Lehrer und Bruder im Geiste, Gerbert, auf den Papstthron berief – und das wieder einmal, ohne die Zustimmung von Klerus und Adel einzuholen.
Gemeinsam mit Otto entwarf Gerbert, nun als Papst Silvester II. (Papst von 999-1003), erfolgreich einen Masterplan zur Restrukturierung der polnischen und ungarischen Kirche. Deren Vertreter sollten zukünftig nicht mehr dem fränkischen Reich verpflichtet sein, sondern ausschließlich dem Kaiser und Papst – wodurch die Kirchen beider Länder so etwas wie Eigenständigkeit erhielten.
Anfang vom Ende
Warum schlugen die Römer Otto III. in die Flucht?
Nach einer kurzen Unterbrechung seines Italienaufenthalts, die Otto über Magdeburg und Quedlinburg nach Aachen geführt hatte, machte er sich zur Mitte des Jahres 1000 erneut auf nach Rom.
Der idealistischen Idee Ottos III. allerdings, so etwas wie eine Renaissance des Römischen Reiches, wie es zu Zeiten der Cäsaren aufgestellt war, in einem vereinten christlichen Europa zu betreiben, konnten die Römer nach wie vor nicht wirklich viel abgewinnen. Als dann auch noch eine den Römern nicht gewogene Bevölkerungsgruppe einen Aufstand anzettelte, begann das reinste Tohuwabohu.
Es fing damit an, dass die Römer Ottos III. Handeln eben nicht in ihrem Sinne empfanden. Sie reagierten sauer. Otto zog sich auf die Engelsburg zurück, machte aus seinem Unverständnis über dieses Verhalten allerdings keinen Hehl.
Zwar lenkten die Römer daraufhin reumütig ein, entschlossen sich allerdings erneut zur Revolte, als sie merkten, dass Otto in seinen Bemühungen, die Gegner der Römer zur Räson zu bringen, letztendlich gescheitert war. Die Situation wurde brenzlig.
In Begleitung Papst Silvesters II., der von den Römern ebenfalls nicht mehr wohl gelitten war, floh Otto III. im Februar 1001 aus Rom.
Was wurde aus Ottos III. Idee?
Nichts!
Nachdem Otto III. und sein Unterstützer und Ratgeber Gerbert von Aurillac (Papst Silvester II.), aus Rom hatten fliehen müssen, war das gleichbedeutend mit dem Scheitern ihres hehren Gedankens einer "Erneuerung des Römischen Reiches" (Renevatio imperii Romanorum). Otto III. hatte mit seiner Idee eines vereinten, christlichen Europas – mit Rom als einer aus den Ruinen wieder entstandenen Metropole – bedauerlicherweise Schiffbruch erlitten.
Wo und wann starb Otto III. – und wer wurde sein Nachfolger?
Nach ihrer Flucht aus Rom, begaben sich Otto III. und Papst Silvester II. nach Ravenna. Von dort aus startete Otto noch einmal einen Versuch, in Rom wieder Fuß zu fassen. Vergeblich! Seine Exgetreuen – Herzöge, Grafen, Bischöfe – verweigerten ihm die Gefolgschaft.
Sie hatten schlicht die Faxen dicke und mit Ottos Italienpolitik nichts mehr am Hut. Otto, enttäuscht und verbittert, zog sich in die nahe Rom gelegene Burg Paterno zurück, verfiel in Depressionen und starb Anfang Januar 1002. Vermutlich an Malaria und – da unverheiratet – ohne Erben. Wenige Monate darauf , im Mai 1003, verstarb auch Papst Silvester II.
Unter schwierigsten Bedingungen – Alpenüberquerung im Winter sowie beeinträchtigt durch angreifende italienische Aufständische – wurden Ottos Gebeine nach Aachen überführt und schließlich an der Seite Karls des Großen bestattet.
Nachfolger wurde sein Cousin Heinrich II. (975-1024), Herzog von Bayern, Sohn Heinrich des Zänkers, der später heilig gesprochen wurde ...
Quellen:
- "Deutsche Geschichte für Dummies" (Christian v. Ditfurth/Wiley-VCH Verlag, Weinheim)
- "Deutsche Geschichte" (Heinrich Pleticha, Hg./Bertelsmann Lexikon Verlag)
- "Die deutschen Cäsaren" (S, Fiscxher-Fabian/Droemer Knaur Verlag)
- "Quedlinburg: Der Stadtführer" (Wolfgang Hoffmann/Schmidt-Buch-Verlag)