Ritter: Fragen und Antworten
- Aktualisiert: Montag, 10. Oktober 2022 09:21
Seit wann gab es Vorläufer des Rittertums? Wann und woraus etablierte sich die Ritterschaft im Mittelalter? Wie wurde jemand zum Ritter? Welche Anforderungen wurden an die Ritter gestellt? Was waren Fahrende-, Kreuz-, Raub- und Arme Ritter? Diese und weitere Fragen möchten wir in diesem Beitrag beantworten.
Ritter, Edelmänner, Krieger
Über welchen Zeitraum entwickelte sich die Zunft der Ritter?
Bereits im 6. Jahrhundert v. Chr. sind aus Persien berittene Bogenschützen nachgewiesen. Als bedeutendes Reitervolk der Antike gelten auch die Parther.
Parther
Das Volk der Parther, ursprünglich ein Teilstamm der Skythen im Süden des Kaspischen Meeres, eroberten etwa ab dem dritten Jahrhundert v. Chr. zuerst das persische Parthien, benannten sich fortan nach dieser iranischen Landschaft und begannen – gestützt auf ihre schlagkräftigen und martialisch ausgerüsteten "Cataphracts" (Panzerreiter) – ihr Reich in den folgenden gut fünfhundert Jahren (bis etwa ins frühe dritte Jahrhundert n. Chr. hinein) über weite Teile Vorderasiens auszudehnen.
Sassaniden
Als sich die Parther im Laufe des 1. und 2. Jahrhunderts n. Chr. – zermürbt von Bürgerkriegen, den Römern und den zentralasiatischen Steppenvölkern – 224 n. Chr. schließlich und endlich einer vom Fürsten Ardaschir I. angezettelten Revolte geschlagen geben mussten, trat die von besagtem Ardaschir begründete Dynastie der Sassaniden auf den Plan. Der Clan der Sassaniden, der sich bis etwa 651 behauptete, setzte die Tradition der parthischen Reiterei fort.
Römer, Byzantiner
Parallel zu den Parthern und Sassaniden, entwickelten im 3. Jahrhundert n. Chr. auch die Römer – unter Einbeziehung parthischer, sassaninischer, iberischer und keltischer Techniken und Ausrüstungen – ihre Kavallerie. Panzerreiter wurden zur festen Einrichtung der römischen Streitmacht. Nach der Reichsteilung in Ost- und Westrom 395, stellte auch Ostrom/Byzanz ebenfalls eine wehrhafte Panzerreiter-/Ritterarmee auf.
Franken
Schlussendlich gewannen berittene Krieger – etwa ab dem 6. Jahrhundert – im fränkischen Reich zunehmend an Bedeutung. Bekannt geworden sind hier im Besonderen die Panzerreiter Karl Martells, denen es 732 in der Schlacht bei Tours und Poitiers eindrucksvoll gelang, den Vormarsch der muselmanischen Araber (vorübergehend) aufzuhalten.
Und – last but not least – folgten auf Karl Martells unerschrockene Kämpfer Mitte des 10. Jahrhunderts die Ritter/Panzerreiter Ottos I., des Großen, die u.a. 955 in der Schlacht auf dem Lechfeld gegen die Ungarn erfolgreich waren.
Wann schlug die Geburtsstunde der mittelalterlichen Ritter?
Das kann mit dem Beginn des zehnten Jahrhunderts gleichgesetzt werden. Mit dem Ableben Ludwigs IV, dem Kind (893-911) sowie des damit einhergehenden Endes der ostfränkischen Karolinger, begann im Reich eine Zeit der Ziellosigkeit, des politischen Durcheinanders und der Kriege gegen Wikinger, Magyaren und Araber.
Und, was wird zu einer effizienten Verteidigung gebraucht? Na, klar – ein schlagkräftiges Heer mit einsatzwilligen und opferungsbereiten Männern, die vor keiner kriegerischen Auseinandersetzung zurückweichen. Es entstand das Rittertum. Eine berittene Kampftruppe ohne Furcht und Tadel.
Als Gegenleistung für ihren Einsatz genossen die Ritter eine Reihe von Vergünstigungen und Sonderrechten. So erhielten sie beispielsweise Lehen und konnten sogar zum niederen Adel aufsteigen.
Wie wurde jemand zum Ritter?
Die Zugehörigkeit zum sogenannten niederen Adel allein, genügte nicht. Ritter zu werden, setzte in jedem Fall ein auskömmliches Vermögen voraus. Immerhin hatte ein Ritter für sein Equipment – Rüstung, Schild, Lanze, Dolch, Morgenstern, Schwert und Pferd – selbst zu sorgen.
War das Finanzielle gesichert, eine gute Ausbildung ab dem siebenten Lebensjahr gewährleistet, ging der jugendliche Anwärter auf den Ritterstand ab vierzehn/sechzehn Jahren als Knappe bei einem gestandenen Ritter in die Lehre.
Unabhängig von der Ausbildungsdauer im Einzelfall, wurde der ausgebildete Knappe oder, sofern aus Hohem Adel stammend, Jungherr, zum Ritter geschlagen. Das geschah – Tapferkeit, Tüchtigkeit und sittliche Reife unterstellt – in der Regel mit einundzwanzig Jahren.
Ritter sein – was bedeutete das?
Eine Menge. Zuerst einmal hatten die Ritter ihren Lehnsherren loyal zu dienen, für sie in den Kampf zu ziehen und ihre Befehle zu befolgen.
Treue, Gehorsam, Tapferkeit und Respekt waren also ganz selbstverständlich ritterliche Grundtugenden. Später kamen christliches, untadeliges und ehrenhaftes Fairplay hinzu. Ritter hatten nicht nur ausgewiesene Christen zu sein, sondern sich auch bedingungslos bereit zu finden, gegen Ungläubige zu kämpfen, Kranken und Armen hilfreich zur Seite zu stehen sowie – nicht zu vergessen – zuvorkommend gegenüber der Damenwelt aufzutreten.
Schwertleite und Ritterschlag – was sind das?
Schwertleite und Ritterschlag wurde den Aspiranten des Ritterstandes zuteil, die eine entsprechende Ausbildung zum Ritter mit einundzwanzig Jahren erfolgreich abgeschlossen hatten.
Die Schwertleite bedeutete die Übergabe von Pferd, Schild und Waffen an den Absolventen, der damit vom Knappen zum Ritter erhoben wurde.
Ab etwa dem 14. Jahrhundert trat der Ritterschlag an die Stelle der Schwertleite. Der Ritterschlag erfolgte durch Auflegen eines Schwertes auf die linke Schulter – in der Regel ausgeführt von einem ehrenhaften Ritter. Beide Zeremonien wurden in einem festlichen Akt begangen. Etwa ab dem zehnten Jahrhundert, wurde das Schwert des neu ernannten Ritters zusätzlich von geistlichen Würdenträgern gesegnet.
Aufstieg der Ritter zum "Niederen Adel" – war das möglich?
In der ursprünglichen Bedeutung des Begriffs waren Ritter Kämpfer, die ihren Job zu Pferde ausübten.
Im Frühmittelalter im Wesentlichen Lehensnehmer, also einem Lehnsherren per Treueeid zu Diensten verpflichtet, konnten diese Berufskrieger (etwa ab dem 11/12. Jahrhundert) sowie die bisher unfreien Hofbeamten (Ministerialen) auch selber Güter und Ländereien erwerben, womit sie ebenfalls zu Lehnsherren wurden. Der Ritterstand war geboren.
Selbstverständlich entsprach die finanzielle Ausstattung der Ritter nicht der des Hohen Adels, also der Herzöge, Grafen etc., sollte aber tunlichst doch so beschaffen sein, dass sie – nunmehr als ehrenwertes Mitglied des Niederen Adels – in die Lage versetzt wurden, ihre kostspielige Ausrüstung bereitstellen und erhalten zu können. Und das möglichst auch in kampflosen Zeiten.
Wer oder was waren "Fahrende" Ritter?
Gerade vom Knappen zum Ritter, aber nicht immer mit Reichtum geschlagen, zogen die jungen Leute los – von Hof zu Hof, von Burg zu Burg – um gegen Entgelt auf Ritterturnieren ihr Können, ihren Mumm und ihre Belastbarkeit zu präsentieren.
Durchaus anzunehmen ist, dass diese fahrenden Ritter dabei auch auf einen sie protegierenden Gönner, oder sogar die Gunst eines schönen Burgfräuleins zu erwerben hofften. Waren Letztere nicht nur schön, sondern auch noch reich, wurde das selbstverständlich billigend in Kauf genommen.
Warum hießen Kreuzritter Kreuzritter?
Gegen Ende des 11. Jahrhunderts, rief Papst Urban II. auf dem Konzil von Clermont zum ersten Kreuzzug nach Jerusalem auf. Da es dabei darum ging, die von moslemischen Arabern besetzten Heiligen Stätten zurückzuerobern, der Feldzug sogar vom Papst sanktioniert wurde, empfanden sich die gen Morgenland ziehenden Ritter als im Namen Christi und des Kreuzes kämpfend, also als Kämpfer für das Kreuz = Kreuzritter.
Während der Zeit der Kreuzzüge, entstanden mit den Templern, den Johannitern und dem Deutschen Orden drei wesentliche (Kreuz)Ritterorden.
Von diesen Orden gibt es noch heute die mit karitativen Aufgaben befassten Johanniter sowie einen geistlichen Deutschen Orden mit dem Titel "Brüder vom Deutschen Haus St. Mariens in Jerusalem". Allerdings werden keine Rüstungen mehr getragen.
Der Templerorden wurde zu Beginn des 14. Jahrhunderts auf Geheiß König Philipps IV. von Frankreich sowie Papst Clemens V. auf brutale Art zerschlagen, das heißt, in seiner ursprünglichen Form und Bedeutung gibt es ihn nicht mehr.
Wann und warum wurden Ritter zu Raubrittern?
Ab dem 14/15. Jahrhundert verlor der Ritterstand zunehmend an Bedeutung. Um ihr schwindendes Einkommen aufzumöbeln, zogen die Ritter raubend und plündernd durch das Land. Als Strauch- oder Raubritter hinter Büschen versteckt, überfielen sie reisende Kaufleute, Pilger und sonst jeden, von dem sie glaubten, Beute machen zu können.
Wer oder was sind "Arme Ritter"?
Arme Ritter sind mit verquirlter Milch und Eiern bestrichene, in Paniermehl gewendete, halbe Brötchen oder Weiß- und/oder Graubrotscheiben, die in einer Pfanne mit Butterschmalz goldbraun gebraten werden. Feinschmecker bestreuen die "Ritter" mit Zimt und Zucker, Genießer variieren das Gericht mit Himbeersaft, Clementinenkompott, Birnen oder Weinschaum.
Quellen:
- "Das Mittelalter" (Hywel Williams/National Geographic History)
- "Kaiser, Ritter und Scholaren" (Das farbige LIFE Bildsachbuch/rororo)
- "Der ferne Spiegel" (Barbara Tuchmann/Spiegel Edition/32)
- "Das Leben im Mittelalter" (Robert Fossier/Piper Verlag)
- "Die Ritter: Geschichte und Kultur" (Joachim Ehlers/C.H. Beck; Beck'sche Reihe: Wissen)
- "Geschichte: Heft 2/08" (Sailer Verlag Nürnberg)