Karl der Große: Die Nachkommen
- Aktualisiert: Montag, 12. September 2022 10:31
Was haben die Nachfahren Karls des Großen aus der Dynastie der Karolinger und dem Fränkischen Reich gemacht? Wer waren die Söhne, Enkel und Urenkel, die es richten sollten? Waren sie überhaupt dazu in der Lage? Wie schadeten die karolingischen Familienstreitigkeiten dem Reich? Warum ließ sich das Erbe Karls des Großen nicht halten? Fragen, die wir in diesem Beitrag versuchen wollen zu beantworten.
Söhne
Pippin der Bucklige (770-811): Wer war das?
Pippin der Bucklige, Sohn Karls des Großen aus dessen erster Ehe mit einer gewissen Himiltrud wuchs im Kloster auf, litt unter seinem körperlichen Makel, fand nie einen Draht zu seinem Vater und verlor sein Erbrecht schließlich an seinen Halbbruder Karlmann (777-810). Der wiederum stammte aus Karls dritter Ehe mit Hildegard.
Im Grunde genommen wäre Pippin also als Erstgeborener der rechtmäßige Thronanwärter gewesen, wurde aber – da war er gerade elf Jahre alt – sozusagen aussortiert und durch Karlmann ersetzt.
Nicht endgültig geklärt ist, ob das wegen seines körperlichen Handicaps stattfand, was wahrscheinlich ist, oder wegen seiner Mutter, die, nach kirchlicher Auffassung, als Friedelfrau (Mätresse) und somit als illegitime Gattin galt. Was wohl eher eine vorgeschobene Begründung war?
Wie auch immer. Statt Pippin dem Buckligen, wurde Karlmann 781 zum designierten Thronfolger erklärt. Er erhielt einen neuen Namen und den Titel: Pippin, König von Italien.
Was geschah beim Putschversuch von Pippin dem Buckligen?
Mehrmals versuchte Pippin der Bucklige, seine legitimen Ansprüche durchzusetzen. Elf Jahre später, 792, unternahm er, mit einigen ebenfalls unzufriedenen Adeligen, einen Umsturzversuch. Heute würde man es möglicherweise Staatsstreich nennen. Hat aber nichts genutzt.
Ein gewisser Kaplan Fardulf, ein untergeordneter Priester am Hof Karls des Großen mit geringfügiger – wenn überhaupt – Verantwortung, hat Pippins beabsichtigten Putsch gegen Entgelt verraten.
Welche Konsequenzen gab es für Pippin und seine Mitverschwörer?
Die Mitverschwörer wurden entweder eingesperrt oder hingerichtet, Pippin der Bucklige wurde verschont, aber für den Rest seines Lebens, also für knapp zwanzig Jahre, ins Kloster Prüm gesteckt.
Die Abtei Prüm liegt im heutigen Rheinland-Pfalz, westlich von Koblenz, und war zur Zeit Pippins des Buckligen noch ein sehr junges Kloster (gegründet 721, Neugründung 752). Ob das Leben Pippins dort eher dem eines Mönches oder dem eines Gefängnisinsassen glich, wissen wir nicht. Tatsache aber ist, dass Pippin dort noch knapp 20 Jahre überlebte. Er starb 41jährig im Jahre 811.
Karl der Jüngere (772-811): Wer war das?
Karl der Jüngere war der zweite Sohn Karls des Großen, aber der erste aus seiner dritten Ehe mit Hildegard (758-783). Den Gepflogenheiten entsprechend, war der jüngere Karl vorgesehen als Thronfolger des Vaters. Schilderungen zufolge muss Karl d. J. ein Draufgänger, wenn nicht gar ein Teufelskerl gewesen sein:
- Mit zwölf Jahren im Zuge der Sachsenkriege militärisch bereits siegreich,
- mit Sechszehn zum König von Neustrien ernannt – eines Gebietes im Westen des Fränkischen Reiches. Unter anderen mit den Städten Paris und Reims –,
- soldatisch unterwegs gegen die Böhmen, Slawen und Sorben,
- 806 vorbeugend vom Vater großzügig testamentarisch bedacht,
- 808 noch einmal sengend, mordend und plündernd in Dänemark auf Achse,
erlitt Karl der Jüngere im Dezember 811 (vermutlich) einen Schlaganfall. Gute zwei Jahre vor dem Tod seines Vaters.
Pippin – König von Italien (777-810): Wer war das?
Pippin, ursprünglich Karlmann, erhielt den Traditionsnamen der Karolinger/Franken 781 von Papst Hadrian I. (Papst von 772-795). Da war Karlmann/Pippin vier Jahre alt sowie anlässlich eines Rom- und Papstbesuches mit seinem Vater Karl dem Großen sozusagen auf "Geschäftsreise". Pippin wurde nicht nur auf seinen neuen Namen getauft, sondern in einem Rutsch auch gleich zum (Unter-)König von Italien ernannt.
Tatsächlich verbrachte Karlmann/Pippin auch Zeit in Italien. Wenn er denn nicht gerade, so ab 791, mit vierzehn Jahren, mit seinen Truppen im Kampf für das Wohl und Wehe der Karolinger unterwegs war. Wie auch sein Vater, in fast ganz Europa. Vorwiegend, um Scharmützel auszutragen oder Stämme zu unterwerfen. Zum Beispiel die Awaren, Slawen, Sachsen und die Mauren auf Korsika.
Welche Taktik verfolgte Pippin - König von Italien?
Aber, den Chroniken zufolge, soll es Pippin nicht ausschließlich nur um pures Gemetzel auf den Schlachtfeldern gegangen sein. Es gibt auch den einen oder anderen Bericht über freundliche Gesten des Königs von Italien.
So gewährte Pippin mehrmals Gefangenen den Abzug in ihre Heimat. Darunter auch etlichen Langobarden, die als Geiseln gehalten worden waren. Allerdings könnte auch reiner Selbstzweck dahinter gestanden haben, sollten doch die Befreiten ihre heruntergekommenen Landgüter wieder in Ordnung bringen. Denn, na klar, hatten die oben genannten Feldzüge erhebliche Verwüstungen in den eroberten Landstrichen hinterlassen.
Wann starb Pippin und wer war sein Nachfolger?
Pippin, (Unter-)König von Italien starb 810 kurz nach der Auseinandersetzung mit Venedig. Er wurde, nur 33 Jahre alt, in Mailand bestattet. Nachfolger wurde sein Sohn Bernhard, der sein Amt als (Unter-)König in Italien und König der Langobarden von 812 bis 818 ausübte.
Ludwig der Fromme (778-840): Wer war das?
Die von Karl dem Großen bereits 806 getroffene Nachfolgeregelung (Divisio Regnorum) erwies sich als gegenstandslos.
Von seinen vier Söhnen:
- Pippin der Bucklige (770-811),
- Karl der Jüngere (772-811),
- Pippin, König von Italien (777-810) und
- Ludwig der Fromme (778-840)
waren, kurz nacheinander,
- Pippin, vormals Karlmann (Juli 810),
- Pippin der Bucklige (811 im Kloster Prüm/Eifel),
- Karl der Jüngere (Dezember 811)
vor dem Erblasser verstorben.
Übrig blieb Ludwig der Fromme: Seit 781 König von Aquitanien, gekrönt 813 und nun, ab 814, Kaiser des kompletten Fränkischen Reiches.
Allerdings, es scheint nicht wirklich sicher zu sein, ob Ludwig den Kaiserjob tatsächlich angestrebt hat. Egal – nun musste er ran.
Zur Person
Ludwig soll weniger der Jagd, den Ritterspielen oder dem Kampf, als mehr geistlichen Themen der Kirche zugetan gewesen sein.
Es heißt, Ludwig war gebildet, sprachbegabt und belesen, wird aber gleichzeitig auch als sauertöpfisch, intolerant und humorlos geschildert – war also eher eine Spaßbremse. Viel lieber hätte er wohl ein Leben und Wirken im Kloster den Aufgaben eines Herrschers vorgezogen. Sein Spitzname war "der Mönch". Zum "Frommen" wurde Ludwig erst nach seinem Tod.
Familie
Trotz seiner auf Moral ausgerichteten Lebensführung, hatte Ludwig der Fromme – seit etwa 793 – sogar eine Tochter (Alpais) und einen Sohn (Arnulf) aus einer vorehelichen Beziehung.
Aus der legitimen Ehe 794 mit Irmingard, der Tochter eines Grafen, stammen die Söhne
- Lothar I. (795-855), ab 817 Mitkaiser,
- Pippin I. (803-838), ab 817 König von Aquitanien und
- Ludwig der Deutsche (806-876), ab 817 Unterkönig von Bayern und slawischer Grenzgebiete und ab 840 König des ostfränkischen Reiches
und zwei Töchter.
Das 817 an seine Söhne aufgeteilte Ostfrankenreich, hatte Ludwig der Fromme mit seiner in Aachen aufgesetzten "Ordinatio imperii" verfügt.
Seiner zweiten Ehe mit einer gewissen Judith aus der Familie der Welfen, entstammen die
- Tochter Gisela und der
- Sohn Karl II. der Kahle (823-877), ab 875 Kaiser.
Wie begann Ludwig der Fromme seine Herrschaft?
Unmittelbar nach Machtantritt, räumte Ludwig am Hof auf. Alles, was seiner Auffassung moralischer Lebensweise entgegenstand, wurde eliminiert. Die unter seinem Vater gepflegte Geselligkeit und relative Lockerheit, wich gelebter Frömmelei, Biedersinn und Piefigkeit.
Ludwig verscheuchte das angeblich flatterhafte weibliche Personal vom Hof, verstieß seine Schwestern, steckte die unehelichen Söhne Karls des Großen ins Kloster und vergraulte die ehemaligen Mitstreiter seines Vaters – führte aber dessen reformerische Bestrebungen zunächst weiter.
Warum ließ sich Ludwig der Fromme ein zweites Mal krönen?
Das kann nur vermutet werden.
Möglicherweise entsprang der Gedanke, sich 816 in Reims ein zweites Mal von Papst Stephan IV. (Papst von Juni 816 bis Januar 817) krönen zu lassen, seinem Wünschen und Trachten nach einem engeren Schulterschluss mit der Kirche.
Dem Papst wird das gefallen haben. Stärkte doch Ludwigs Begehren nach der Reichseinheit durch eine erneute Salbung, das politische Gewicht des Papsttums.
Welche Reformen strebte Ludwig der Fromme an?
Ludwigs dringendstes Anliegen war, die Einheit zwischen Kirche und Staat zu erreichen. Wichtige Elemente dieser Bestrebungen waren
- 816 die Reform des Kirchenrechts auf der Reichssynode von Aachen sowie
- 817 auf dem Reformreichstag, ebenfalls in Aachen.
Auf diesen Reichstagen verfügte Ludwig die "Ordinatio imperii" (Ordnung des Reiches).
Die Kirchenrechtsreform von 816 schrieb eine für alle Klöster des Frankenreiches verbindliche Liturgie sowie eine strenge, alle Bereiche klösterlichen Lebens umfassende, Regelung nach benediktinischen Grundsätzen vor.
In der Ordinatio imperii von 817 wurde die Herrschaftsnachfolge des Fränkischen Reiches neu geregelt. Die bisher von den Karolingern praktizierte Teilung der Macht auf mehrere Nachfolger wurde kategorisch verworfen; zukünftig hatte die Thronfolge ausschließlich auf den jeweils ältesten Sohn überzugehen.
Woran scheiterte Ludwigs "Ordnung des Reiches"?
Ganz einfach daran, dass Ludwig sein Thronfolgegesetz konterkarierte, indem er sich von seiner zweiten Gattin Judith überreden ließ, entgegen der 817 festgelegten Erbfolge, dem gemeinsamen Sohn Karl II. dem Kahlen (etwa 823-877; Kaiser ab 875) Alemannien, das Elsass sowie Teile der Schweiz und Burgunds – ursprünglich Lothar I. vorbehalten – als Erbe zu versprechen.
Der sich durch diese Regelung im Behalt seiner Pfründe bedroht sehende Adel war stinkig, die drei Söhne Lothar, Pippin und Ludwig verunsichert.
Die intelligente und als gut aussehend geschilderte Judith war den Beteiligten fortan ein Dorn im Auge. Der Familienzwist war vorprogrammiert; die gewollte (Neu)Ordnung des Reiches in Frage gestellt.
Welche Folgen hatte der Familienstreit?
Spätestens ab 830 herrschte so etwas wie Sodom und Gomorra in der Familie Ludwigs des Frommen. Seine Söhne Lothar I., Pippin und Ludwig der Deutsche revoltierten gegen des Vaters Entscheidung, Karl II. dem Kahlen ein neues Teilreich zu offerieren.
Alles in allem: Es ging hoch her in der Familie. Es wurde – sozusagen jeder gegen jeden – gekämpft, gelogen und integriert.
Was ist das Lügenfeld?
Die im Volksmund Lügenfeld genannte Region nahe Colmar im Elsass, die eigentlich Rotfeld heißt, wurde 833 Schauplatz eines obskuren Reichstages.
Die beabsichtigte Erbfolgeänderung seitens Ludwigs zweiter Ehefrau Judith, die den mit ihm gezeugten Sohn Karl als vorrangig erbberechtigt durchboxen wollte, hatte – wie schon erwähnt – innerhalb der Familie zu erheblichem Zoff geführt.
Auf dem Treffen der beteiligten männlichen Vertreter der Sippschaft anlässlich des besagten Reichstags auf dem Rotfeld, wurde Ludwig der Fromme von seinen Söhnen Lothar I., Pippin und Ludwig dem Deutschen gezwungen, ein öffentliches Schuldbekenntnis abzulegen.
Dabei ging es im Besonderen um die Blendung und den darauffolgenden Tod Bernhards von Italien (etwa 797-818), König der Langobarden und Enkel Karls des Großen, der ebenfalls gegen Ludwigs neue Reichsordnung gewesen war, und, im Allgemeinen, um die Pfründe der sich wegen Judiths Ansinnen betrogen fühlenden Söhne.
Der schleichende Anfang vom Ende?
Auf dem Rotfeld wurden Versprechungen gemacht, die wenig später mehrfach gebrochen wurden. Mit wechselnden Familienbündnissen. Ludwig der Fromme wurde zweimal – allerdings ohne weitreichendere Konsequenzen – abgesetzt; seine Ehefrau Judith samt Sohn Karl dem Kahlen, verschiedentlich ins Kloster verbannt.
Und für was das alles? Für wenig! Wenn nicht sogar für Nichts!
Zwar wurde nach dem Tod Pippins I., des Königs von Aquitanien, 838 das Reich unter den verbliebenen Söhnen Ludwigs des Frommen:
- Lothar I.: König von Bayern, römischer" Kaiser und König von Italien (König der Langobarden),
- Ludwig dem Deutschen: (Unter)König von Bayern und ab 840 König des ostfränkischen Reiches sowie
- Karl II. dem Kahlen: König der Westfranken und von 875 bis zu seinem Ableben König von Italien und "römischer" Kaiser
aufgeteilt, aber natürlich, was auch sonst – es wurde heftig weiter gestritten. Bis, ja, bis das Frankenreich 843 im Vertrag von Verdun ein zweites Mal und endgültig unter den drei genannten Brüdern aufgeteilt wurde.
Ein Vorgang, der gleichzeitig den schleichenden Anfang vom Ende der karolingischen Herrschaft bedeutete.
Enkel
Was wurde aus Lothar I. (795-855)?
Lothar I., Sohn Ludwigs des Frommen und Enkel Karls des Großen, war Herzog von Bayern, römischer Kaiser, (Unter-)König von Italien und König der Langobarden sowie, nach der Reichsteilung im Vertrag von Verdun 843, schließlich König des sogenannten Mittelreiches.
Dazu gehörten von Norden nach Süden: Friesland, die Niederlande, das Rheinland, Burgund, die Provence und reichte in Italien bis zur Stadt Rom.
Reichsteilung von Prüm
Während seiner Herrschaft, mit "hauptamtlicher" Residenz in Aachen, musste Lothar sich in erheblichem Maße mit Arabern, Normannen und der sich zunehmend weltlicher Macht entziehenden Kirche auseinandersetzen.
Diese ständigen Querelen scheinen ihn psychisch ermüdet zu haben. Kurz vor seinem Tod im Spätsommer 855 in Prüm/Eifel, teilte auch Lothar I. sein Reich mit der so genannten "Reichsteilung von Prüm" unter seinen Söhnen auf:
- Ludwig II. (825-875) erhielt die Kaiserwürde und Italien,
- Lothar II. (835-869) erhielt Lothringen und
- Karl von der Provence (845-863) bekam den Rest.
Das schien nur konsequent, denn das Thronfolgegesetz Ludwigs des Frommen von 817, die "Ordinatio imperii, war ja ohnehin lange schon Makulatur.
Was wurde aus Ludwig dem Deutschen (806-876)?
Ludwig der Deutsche, dritter Sohn Ludwigs des Frommen und Enkel Karls des Großen sowie selbsternannter König von Bayern, war im Grunde ein unauffälliger Typ.
Im Laufe seines Lebens musste er sich zwar einigen Auseinandersetzungen mit Sachsen, Böhmen, Sorben und Normannen stellen, war einigermaßen in den Familienzwist involviert, taute aber erst richtig auf, als ihm 843 in der Reichsteilung des Vertrages von Verdun das Ostfrankenreich zugesprochen wurde.
Das Gebiet entsprach – bis auf die Bretagne – etwa dem heutigen Frankreich.
Durch kluge Politik verstand er es, diesen östlichen Teil des Frankenreiches wirkungsvoll zusammenzuhalten.
Welchen Inhalt hatte der Vertrag von Meerssen?
Meerssen (heute: Provinz Limburg/Niederlande), verschaffte Ludwig dem Deutschen die östliche Hälfte Lothringens. Lothringen war das nach Lothar II. benannte Gebiet, das diesem 855 von seinem Vater (Lothar I.) zugesprochen worden war.
Nun war Lothar II. 869, ein Jahr vor dem Vertrag von Meerssen, gestorben. Seine Hinterlassenschaft konnte also verteilt werden. Seine beiden Onkel – Ludwig der Deutsche und Karl der Kahle – durften sich freuen.
Durch den mit dem Vertrag von Meerssen (870) beurkundeten territorialen Zuwachs, vergrößerte sich nicht nur Ludwigs des Deutschen Ostfränkisches Reich; sein so neu gewonnenes Herrschaftsgebiet gilt historisch auch als Vorläufer des späteren Hl. Römischen Reichs (deutscher Nation).
Wie viele Kinder hinterließ Ludwig der Deutsche?
Als Ludwig der Deutsche 876 in Frankfurt am Main verstarb, hinterließ er drei Töchter und die Söhne
- Karlmann (830-880): König von Bayern, Italien und des Ostfrankenreichs,
- Ludwig III. den Jüngeren (835-882): der den Löwenanteil des Ostfrankenreichs sowie das östliche Lothringen bekam und
- Karl III. den Dicken (839-888): ost- und westfränkischer sowie italienischer König und zuletzt (von 881 bis 888) auch noch römisch-deutscher Kaiser.
Was wurde aus Karl dem Kahlen (823-877)?
Karl der Kahle (etwa 823-877), jüngster Sohn aus Ludwigs des Frommen zweiter Ehe mit Judith, trug den Namenszusatz "der Kahle" weniger wegen mangelnder Haarpracht, sondern mehr aus Gründen gebietsmäßiger Benachteiligung durch seinen Vater auf dem Reichstag zu Worms 829. Seine Regentschaft nach der Reichsteilung im Vertrag von Verdun, korrespondiert im Grunde mit denen seiner Halbbrüder Lothar I. und Ludwig dem Deutschen.
Kurz gesagt
Von 843 bis 877 trug er den Titel "westfränkischer König", und ab 875 bis 877 zusätzlich die Ehrentitel "König von Italien" und "römischer Kaiser".
Hervorzuheben ist sein 864 herausgegebenes "Edictum Pistense" (Handelsverbot mit dem Feind und Kontrolle über die Münzwerkstätten).
Karl war zweimal verheiratet und hatte insgesamt vierzehn Kinder – neun aus erster, fünf aus zweiter Ehe. Von einiger Bedeutung sind allerdings nur Ludwig II. der Stammler und Karl das Kind (von 855 bis 866 König von Aquitanien) zu nennen.
Karl der Kahle starb 877 in Nantua (Region Rhóne-Alpes/Frankreich).
Was wurde aus Pippin I. von Aquitanien (797-838)?
Die Pippins von Aquitanien sind nicht zu verwechseln mit ihren Namensvettern Pippin (I.) dem Älteren (580-620) oder Pippin (II.) dem Mittleren (635-714).
Pippin I. von Aquitanien war der Sohn Kaiser Ludwigs des Frommen und Enkel Karls des Großen.
Aquitanien, wo er etwa ab 817 als König amtierte, war ihm von seinem Vater Ludwig dem Frommen zugesprochen worden. Die Provinz befand sich im Südwesten Frankreichs. In der Gegend um Bordeaux herum.
Mit eben diesem Vater verknüpfen sich auch die wichtigsten Taten Pippins I. von Aquitanien.
Er lehnte sich gegen seinen Vater, Ludwig den Frommen, auf,
- scheiterte,
- wurde verbannt (nach Trier),
- floh von dort,
- putschte erneut,
- setzte den König ab,
holte ihn dann aber später reumütig ins Amt zurück.
Urenkel
Wer war Pippin II. von Aquitanien (823-864)?
Als Pippin I. von Aquitanien 838 starb, wurde sein Sohn Pippin II. (823-864) König von Aquitanien.
Das war er dann bis circa 848, als Karl der Kahle ihn absetzte und 852 obendrein ins Kloster schickte. Zwei Jahre später gelang ihm die Flucht (also eine fast identische Vita wie die seines Vaters). Dennoch endete ein erneuter Konflikt mit Karl dem Kahlen zum zweiten Mal mit einer Niederlage. Und abermals gings in Klosterhaft (im heutigen Nordfrankreich).
Nun war Karl der Kahle König von Aquitanien. Der Urenkel Karls des Großen, Pippin II., verstarb im Kloster.
Wer war Karl (III.) der Dicke (839-888)?
Karl (III.) der Dicke, Sohn Ludwigs des Deutschen, Karolinger und 881 von Papst Johannes VIII. zum römisch-deutschen Kaiser gekrönt, war ein tumber Tropf. Er war unentschlossen, nicht durchsetzungsfähig und letztlich einfach unfähig.
Als er gegen Ende des 9. Jahrhunderts die unerwartete Chance hatte, die Kampfaufgabe der Normannen (auch: Wikinger) an der Maas zu erzwingen, entschied er sich – unerklärlicherweise – die Banditen einfach laufen zu lassen. Zusätzlich bot er den Seeräubern Tributzahlungen an – was ihm obendrein den Beinamen "der Einfältige" eintrug, aber nichts mit Karl dem Einfältigen (etwa 879-929) zu tun hat. Der kam erst später.
Der Putsch
Als der "dicke" Karl 885 vor der Stadt Chartres in der Nähe von Paris erneut den Hasenfuß gab, und damit den Normannen geradezu einen Freibrief für ausgiebige und ertragreiche Plünderungen gab, schlug das dem Fass den Boden aus.
Karl wurde 887 vom ostfränkischen Adel, unter Federführung Arnulfs von Kärnten (etwa 850-899), aus seinem Amt geputscht und starb, so gut wie verarmt, ein Jahr später in der Verbannung in Neudingen an der Donau.
Niedergang
Was wurde aus dem Frankenreich?
Nach der Absetzung Karls des Dicken, nahm der fränkische Reichsadel das Heft in die Hand. Zwar machten seine wichtigen aristokratischen Vertreter noch einmal einen Karolinger, Arnulf von Kärnten, zum ostfränkischen König und 896 zum römisch-deutschen Kaiser, konnten aber nicht umhin festzustellen, dass das Geschlecht der Karolinger mehr und mehr in der Versenkung verschwand.
Arnulf, obwohl ein tatkräftiger Mann, agierte letztlich weitestgehend glücklos und fand so recht keinen Weg, den Niedergang aufzuhalten. Und der über Jahrzehnte andauernde Kampf gegen die Normann (Wikinger, Waräger) tat sein Übriges.
Das Frankenreich zerfiel in fünf Königreiche (West- und Ostfranken, Hoch- und Niederburgland sowie Italien). Durchsetzungsfähigere Familien setzten sich an die Spitze der neuen Gebiete.
Schließlich erlosch die Linie der Karolinger mit ihrem letzten Vertreter Ludwig IV. dem Kind (etwa 893-911).
Wer war Ludwig "das Kind" – und wer kam nach ihm?
Ludwig IV. das Kind, Sohn Arnulfs von Kärnten und ewig kränkelnd, wurde zu Beginn des Jahres 900 in Forchheim zum ostfränkischen König gemacht. Aber der zu Beginn seiner Amtszeit Sechsjährige, hatte wenig auszurichten. Während seiner – man möchte sagen – Pseudoherrschaft, stand Ludwig unter der Fuchtel der einflussreichen Bischöfe von Mainz und Konstanz.
Ludwig das Kind verstarb 911 mit achtzehn Jahren und wurde in Regensburg beigesetzt.
Die Suche nach einem Nachfolger gestaltete sich schwierig. Die Großkopferten des Reiches konnten sich nicht entscheiden. Aber schließlich und endlich fiel ihre die Wahl nicht auf den zur Verfügung stehenden Karolinger, Karl den Einfältigen (879-929), Sohn Ludwigs des Stammlers und König der Westfranken.
Nachfolger Ludwigs des Kindes wurde Konrad I. der Jüngere (881-918) aus dem Hause der westgermanischen Franken, der Konradiner. Die Linie der Karolinger war erloschen.
Quellen:
- "Karl der Große" (Thomas R.P. Mielke/Schneekluth Verlag, München)
- "Die Welt der Karolinger" (Pierre Riché/Philipp Reclam jun., Stuttgart)
- "Deutsche Geschichte für Dummies" (Christian v. Ditfurth/Wiley-VHC Verlag, Weinheim)
- "Kaiser, Ritter und Scholaren" (Das farbige LIFE Bildsachbuch/rororo)
- "Deutsche Geschichte: Bd.1" (Heinrich Pleticha, Hg./Bertelsmann Lexikon Verlag)