Karl der Große: Fragen und Antworten
- Aktualisiert: Mittwoch, 14. September 2022 10:33
Wer war Karl der Große, wann hat er gelebt, warum ist er so bedeutend? Was war Karl der Große für eine Persönlichkeit? Warum lag er mit seinem Bruder im Clinch? Wie wurde Karl der Große Alleinherrscher des fränkischen Reiches? Wie oft war Karl verheiratet? Wer waren seine Kinder? Was sind die Verdienste Karls des Großen? Was hat es mit einem "weißen" Elefanten auf sich? Diese und weitere Fragen möchten wir versuchen, in diesem Beitrag zu beantworten.
Voraus geschickt
Warum wird Karl der Große der Große genannt?
Weil Karl (I.) neben seinen herausragenden Eigenschaften als Heerführer und der beachtlichen geografischen Erweiterung des fränkischen Reiches, gleichzeitig auch als brillanter Reformer des Militärs, des Rechts, der Verwaltung und – vor allem – der Bildung gilt. Den Beinamen "der Große" erhielt Karl bereits zu seinen Lebzeiten.
Herkunft
Aus welcher Dynastie stammt Karl der Große?
Aus dem Geschlecht der Karolinger.
Ein Begriff, den es so zu Lebzeiten Karls des Großen (747/48-814) allerdings noch nicht gab. Dieser Begriff wurde erst später, etwa gegen Ende des 10. Jahrhunderts, geprägt. Die Familie der Pippiniden und deren Nachkommen nannten sich Arnulfinger. Nach ihrem Altvorderen Bischof Arnulf von Metz (582-640).
Wann und wo wurde Karl der Große geboren?
Weder das Rätsel um das Hochzeitsdatum seiner
- Eltern (741?, 742?, 748?),
- seines Geburtsorts (Aachen?, Prüm in der Eifel?, um Paris herum?) oder auch des
- Geburtsjahrs Karls I., des Großen (742?, 747/748?),
schien historisch lange Zeit nicht eindeutig gelöst zu sein. Allerdings werden heute, nach neueren Erkenntnissen die Jahre 747 oder auch, etwas Unsicherheit ist geblieben, 748 als verbindlich angenommen.
Das trifft sich gut. Denn egal, ob Karls Eltern nun 741, 742 oder 748 geheiratet haben, ist Karl letztlich der Makel der unehelichen Geburt erspart geblieben. Das heißt, damit ist die lange Zeit gehegte Vermutung, Karl der Große könne der Spross eines vorehelichen Konkubinats seiner Eltern sein, aus dem Weg geräumt.
Eltern
Karls Eltern waren
- Pippin III. (um 715-768), der auch Pippin der Jüngere, manchmal auch Pippin der Kurze genannt wurde und
- die aus fränkischem Adel stammende Bertrada (um 725-783) aus dem Hause Laon.
Pippin, vormals karolingischer Hausmeier, hatte 751 den merowingischen König Childerich III. für abgesetzt erklärt und sich – anlässlich einer Versammlung fränkischer Würdenträger – zum König ausrufen lassen. Fortan wurde das Frankenreich bis etwa 843 von karolingischen Königen und Kaisern, von denen Karl der Große als der Bedeutendste gilt, beherrscht.
Kindheit und Jugend
Von wem weiß man (fast) alles über Karl den Großen?
Über das Alltagsleben zur Zeit der Karolinger, stehen den Historikern nur unzureichende und bruchstückhafte archäologische Quellen zur Verfügung.
Über das Leben Karls des Großen dagegen, auch über dessen Leben am häuslichen Herd, ist, so heißt es seitens der Geschichtsforscher, (fast) alles in der "Vita Caroli Magni" (Biographie Karls d. Gr.) seines Biografen Einhard (um 770-840) zu finden.
Und obwohl diese Lebensbeschreibung des Königs und späteren Kaisers Karl I. durchaus von einer positiven Voreingenommenheit des Autors geprägt sein mag, bietet sie trotzdem großartige und zum großen Teil historisch anerkannte Einblicke sowohl in die Zeit des Frühmittelalters, als auch ganz besonders in das außerdienstliche Leben des mächtigsten Herrschers des Mittelalters.
Wie entfaltete sich Karls Bildungsdrang?
Schon in frühester Jugend soll Karl in Latein unterrichtet worden sein.
Zwar hat er sich mit dem Schreiben nicht wirklich anfreunden können, gleichwohl, so heißt es, soll er aber schon bald vorzüglich auf Latein geplaudert, diskutiert und auf höfischen Gesellschaften parliert haben.
Privat und im Kreis seiner fränkischen Gefolgsleute dagegen, benutzte Karl wahrscheinlich einen der diversen altfränkischen Dialekte aus der germanisch-fränkischen Sprachgemeinschaft. Oder war es gar eine Stufe des sich im 8./9. Jahrhundert entwickelnden Althochdeutsch?
Eindeutig überliefert scheint aber wohl zu sein, dass Karl durchaus bildungseifrig gewesen sein muss. Er umgab sich mit wissenschaftlich, künstlerisch, philosophisch und literarisch belesenen und hochgelehrten Menschen und vervollkommnete und pflegte seine Bildung mit geradezu leidenschaftlicher Begeisterung.
So ließ Karl zum Beispiel das bis dahin lediglich mündlich überlieferte Hildebrand- und Nibelungenlied von mönchischen Schreibern festhalten und beschäftigte sich eingehend mit den römisch-lateinischen Klassikern, mit Theologie, Astronomie und vielem anderen mehr.
Exkurs
Die mehrheitlich im Fränkischen Reich zur Zeit Karls des Großen gesprochene Umgangssprache, war das sogenannte "Altfränkische", für das auch die Begriffe "tiudisk" oder auch "theodisca lingua" (Sprache des Volkes) standen. Eine Sprache, die sich in den vorausgegangenen Jahrhunderten aus den unterschiedlichsten germanischen Dialekten entwickelt hatte. Daneben gab es das, aus dem Latein der gallischen Provinzen hervorgegangene, Gallo-Romanisch.
Aus "tiudisk/theodisca" wurde im Laufe der folgenden Jahrhunderte (phonetisch) "deutsch"; aus dem Gallo-Romanischen entwickelten sich die Sprachen Französisch und Provenzalisch.
Persönlichkeit
Wie schildert der Biograf Einhard Karls Erscheinung?
Physis
Folgt man den Berichten und Beschreibungen des Biografen Einhard, war Karl blond, etwa 1,90 m groß, von kräftiger Gestalt und mit festem Gang ausgestattet. Fit gehalten hat er sich, so sagt man, mit gymnastischen Übungen, dem Reiten, der Jagd und dem Schwimmen.
Anteilnahme und Zuwendung
Andererseits gab es wohl auch eine ausgeprägt gefühlvolle und empfindsame Seite dieses kraftstrotzenden Mannes. So soll Karl den Tod seiner dritten Ehefrau Hildegard, nach zwölfjähriger Ehe und acht Kindern, aufrichtig beklagt und betrauert haben.
Überhaupt soll sich Karl, laut Einhard, liebevoll um seine Frauen (mit Ausnahme seiner zweiten Frau: Desiderata, Tochter des Langobardenkönigs Desiderius), Töchter und Söhne gekümmert haben. Eben durchaus ein Familienmensch.
Auftreten
In der Regel ausgeglichen, großzügig und humorvoll, konnte es allerdings passieren, dass seine gute Laune blitzartig umschlagen konnte. Gab es also Anlass, seinem Ärger oder sogar seiner Wut Luft zu verschaffen, war das für sein Umfeld nicht unbedingt günstig – auch, obwohl seine Stimme dann schon mal ins Falsett abgehoben haben soll. Was seine Körperlichkeit auf groteske Weise unterminiert haben muss. Weniger Wohlmeinende würden vermutlich von einer Fistelstimme sprechen. Aber wirklich abgesichert, ist auch das nicht.
Vielleicht hilft es, sich Karl heute als schlecht synchronisierten John Wayne vorzustellen. Ohne Stetson und Colt, aber mit Helm, Brustpanzer und Schwert.
Outfit
Aller Wahrscheinlichkeit nach, war Karl ein Modemuffel. Einfach, schlicht und praktisch hatte seine Kleidung zu sein. Eitelkeit war ihm fremd.
- Die Wäsche war aus Leinen,
- die Hosen schlicht,
- die Schnür- oder die mit langen Riemen gebundenen "Bund"-Schuhe aus Leder,
- die Oberbekleidung bestand aus aneinander gereihten Stoffstreifen (statt eines vergleichbaren Hemdes) und aus einem Wams (Vorläufer der Weste), aus Schafsfell.
Zusammengehalten wurde diese Kreation von einer, einem Gürtel entsprechenden, Leibbinde. War es kalt, ergänzte Karl sein Outfit um einen
- die Schultern schützenden Pelz aus verschiedensten Tierfellen.
Ganz selten, und nur dann, wenn es aus repräsentativen Gründen nicht zu vermeiden war, trug Karl festliche Kleidung, Krone, Zepter und Reichsapfel.
Wein, Weib und Gesang
Aber – Modemuffel hin oder her – ein Freund von Traurigkeit war Karl der Große keineswegs. Und, obwohl ihm die Familie wichtig war und er sich rührend um Frau und Kinder kümmerte, war Karl absolut kein Kostverächter.
Üppiges Speisen von gebratenem oder am Spieß gegrilltem Wild – begleitet von einem oder zwei Glas Met oder Wein, allerdings ohne je betrunken gewesen zu sein – gehörten durchaus zu seinen favorisierten Freizeitbeschäftigungen. Und, in Punkto Gastfreundschaft hat er sich anscheinend nicht lumpen lassen.
Zwecks Zerstreuung bot er seinen Gästen (im Wesentlichen waren das ausländische Gesandtschaften) eine ganze Reihe von Unterhaltungsmöglichkeiten. Zum Beispiel:
- Badespaß im Bad zu Aachen,
- Jagd auf Bären, Auerochsen und Wild aller Art und/oder
- Rundgänge durch Tiergehege/Tiergärten.
Im Anschluss an diese sportlichen Betätigungen kam den Mahlzeiten eine ganz besondere Aufmerksamkeit zu. Es wurde, untermalt von Musik sowie begleitet von Schaustellern, überaus reichlich gegessen, getrunken, geredet und geflirtet. Trotz der seinerzeit angesagten Sittenstrenge.
Und die Frauen! Wie hinlänglich bekannt, war Karl fünfmal verheiratet, hatte nebenbei etliche Geliebte und in der Summe wenigstens achtzehn Kinder, die keineswegs ausschließlich von seinen Ehefrauen stammten.
Fazit
Neben seinen herausragenden Eigenschaften als Familienmensch, Gastgeber ausländischer Gesandtschaften, Heerführer und der beachtlichen geografischen Erweiterung des fränkischen Reiches, gilt Karl der Große gleichzeitig auch als Reformer des Militärs, des Rechts, der Verwaltung und der Bildung. Den Beinamen „der Große“ erhielt Karl bereits zu Lebzeiten.
Familienbande
Wie oft war Karl der Große verheiratet – und mit wem?
Karl der Große war fünf Mal verheiratet. Die Damen hießen Himiltrud, Desiderata, Hildegard, Fastrada und Liutgard. Die Ehe mit Himiltrud war eine so genannte Friedelehe, die anderen vier Ehen entsprachen den seiner Zeit in Adelskreisen üblichen Muntehen.
Neben diesen fünf Ehen, hatte Karl eine stattliche Anzahl weiterer Verhältnisse mit Geliebten und/oder Mätressen. Auch aus diesen Verbindungen gingen Kinder hervor.
Darüber hinaus wird Karl ein neunzehntes Kind namens Roland nachgesagt. Roland stammte aus der inzestuösen Beziehung zu Karls Schwester Adalhaid – worüber am Hof von den wenigen, die davon Kenntnis hatten, allerdings absolutes Schweigen verlangt wurde.
Dennoch scheint Roland im weiteren Verlauf der Geschichte eine gewisse Rolle gespielt zu haben. Beispielsweise anlässlich Karls des Großen Feldzug gegen die Mauren 778.
Was ist eine Friedelehe?
Friedelehen wurden – im Gegensatz zur Muntehe – aus freien Stücken zwischen den Partnern geschlossen. Gegenseitige Liebe stand dabei im Vordergrund.
Familien, Sippen oder Kirche hatten hier nichts zu melden. Was den Kirchenleuten nicht gefiel und sie veranlasste, gegen die ihrer Meinung nach illegalen ehelichen Gemeinschaften vehement zu kämpfen.
Was ist eine Muntehe?
Die im Mittelalter häufigste Ehegemeinschaft waren die Muntehen. Ehen, die zwischen adeligen Herrschaftshäusern aus finanziellen und/oder machtpolitischen Erwägungen heraus vereinbart wurden. Die beteiligten Eheleute hatten dabei keinerlei Einspruchsrecht.
Nach gegenseitiger Zuneigung, Verständnis oder gar so etwas wie Liebe zwischen den Protagonisten, wurde von den adeligen Vertragspartnern nicht gefragt. Gefühle wurden schlicht ignoriert. Es ging ausschließlich ums Geschäft.
Warum gilt Karl der Große als ausgewiesener Familienmensch?
Weil sein Biograf Einhard über ihn sagt, dass Karl – trotz seiner Amouren – letztlich die Familie über alles gestellt haben soll. Egal, ob Friedel- oder Muntehe.
Es heißt, dass er sich, sofern seine Zeit es zuließ, ausgesprochen gern im Kreis seiner Familie aufhielt. Selbst auf seinen Feldzügen legte er großen Wert darauf, von seinen Angehörigen begleitet zu werden. Und, während die Söhne sich in militärischer Ausbildung sowie in den ihnen zugedachten Ämtern beweisen mussten, soll Karl seinen Töchtern ganz besonders liebevoll zugewandt und ausgesprochen tolerant gegenüber deren Liebesleben gewesen sein.
Ehen und Kinder
Wer war Karls 1. Ehefrau?
Die erste Ehefrau hieß Himiltrud. Ab 767 lebte Karl mit seiner Jugendliebe, Tochter eines Heerführers der Scara franzisca (Heilige Schar), in einer Friedelehe. Aus dieser Verbindung stammt der Sohn
- Pippin der Bucklige (etwa 770/72-811)
und die Tochter Amandru.
Auf Betreiben von Karls Mutter Bertrada, musste Himiltrud 769 den Hof verlassen. Karl sollte, aus politischen Gründen, Desiderata, die Tochter des Langobardenkönigs Desiderius, heiraten. Himiltrud ging mit dem gemeinsamen Kind Pippin dem Buckligen ins Kloster St. Denis, nördlich von Paris.
Wer war Karls 2. Ehefrau?
Das war Desiderata, Tochter des Langobardenkönigs Desiderius. Diese Frau, von der nicht bekannt ist, ob Desiderata tatsächlich ihr richtiger Name war, konnte Karl von Beginn an nicht leiden. Schon die Hochzeitsfeier 769 ließ er freudlos über sich ergehen. Er fand sie, trotz üppiger Mitgift, potthässlich, spröde und plump. Außerdem kränkelte sie dauernd.
Als Karl erfuhr, dass Papst Stephan III. (Papst von 768-772) mit ihrem Vater, dem Langobardenkönig Desiderius, paktierte, betrachtete er das als Vertragsbruch und entschied, Desiderius bloßzustellen. Wie? Nun, indem er Desiderata samt deren Gefolge und Mitgift zurück nach Pavia zu ihrem Vater schickte – was einem ungeheueren Affront gleichkam. Kinder aus dieser Beziehung gab es keine. Na klar, wie auch?
Wer war Karls 3. Ehefrau?
Hildegard (etwa 757-783), Tochter eines schwäbisch-alemannischen Grafen. Sie gilt als Karls große Liebe. Die 771 geschlossene Verbindung mit ihr, soll ausgesprochen glücklich gewesen sein.
Hildegard begleitete ihren Ehemann auf jeder seiner Reisen, schenkte ihm neun Kinder in ungefähr zwölf Jahren und verstarb 783 – wahrscheinlich auch wegen dieser Geburtenhäufigkeit – mit sechsundzwanzig Jahren in Thionville im Nordosten Frankreichs. Hildegard wurde in der Abtei St. Arnulf in Metz beigesetzt.
Die aus dieser ehelichen Gemeinschaft hervorgegangenen Kinder waren:
- Karl der Jüngere (772-811),
- Adelheid (im Alter von etwa einem Jahr verstorben),
- Rotrud (775-810),
- Pippin König von Italien (777-810),
- Ludwig I. der Fromme (778-840), späterer Nachfolger Karl des Großen,
- Lothar (778-780), Zwillingsbruder Ludwigs des Frommen,
- Berta (779-823),
- Gisela (781-814) und
- Hildegard (782-783).
Zwischenzeitiges Gspusi
Nach dem Tod seiner geliebten Hildegard, scheint Karl – sozusagen zwischendurch – Trost bei einer gewissen Mahthild gefunden haben, von der allerdings ebenfalls nirgends verbrieft ist, ob sie wirklich so hieß. Bekannt dagegen zu sein scheint, dass ihm eine der Frauen aus Karls diversen Techtelmechtels – ob nun Mahthild oder nicht – ein Kind namens Hruodhaid "geschenkt" hat.
Wer war Karls 4. Ehefrau?
Kurz darauf, Hildegards Beisetzung in der Abtei St. Arnulf in Metz lag noch nicht lange zurück, trat Fastrada (etwa 765-794), vermutlich aus einem thüringisch-mainfränkischen Adelshaus stammend, in Karls Leben.
Fastrada soll eine herausragend schöne und leidenschaftliche Frau gewesen sein. Dazu noch clever und mit allen Wassern gewaschen, hat sie wohl auch politisch tüchtig mitgemischt. Fastrada starb 794 während der Reichssynode in Frankfurt am Main. Vermutlich an einer Lungenentzündung.
Aus der Verbindung Karls des Großen mit Fastrada, stammen die Töchter Theodrada (etwa 785-853) und Hiltrud (etwa 787-814).
Wer war Karls 5. Ehefrau?
Wenn es tatsächlich stimmen sollte, dass Karl der Große ein weiteres Mal geheiratet hat, dann wird Liutgard aus Alemannien (etwa 776-800) genannt. Demnach soll sie 795, im Alter von neunzehn Jahren, mit dem um dreiunddreißig Jahre älteren Karl verheiratet worden sein.
Liutgard gilt als still, zurückhaltend, außerordentlich musisch – aber auch als ausgezeichnete Jägerin sowie hervorragende Verwalterin des privat-häuslichen Umfeldes. Allerdings blieb die Ehe kinderlos. Liutgard starb im Jahr 800 mit vierundzwanzig Jahren in Tours, und wurde im dortigen Kloster St. Martin bestattet.
Wer waren die Geliebten und weitere Kinder?
Oh, da gab es – wahrscheinlich unter anderen – noch die Friedelfrauen Madelgard, Gerswind, Regina und Adelinde. Die Kinder aus diesen Verbindungen Karls des Großen waren:
- mit Madelgard: Ruothild – Äbtissin (??),
- mit Gerswind: Adalthrud (??),
- mit Regina: Drogo – Bischof von Metz (801-855) sowie Hugo – Abt von St. Quentin (802-844) und
- mit Adelinde: Theoderich (807-818).
Rollenaufteilung
Was wurde aus Karls des Großen Sprösslingen?
Von Karls achtzehn, neunzehn Kindern erreichten der ewig obstinate Pippin der Bucklige, Karl der Jüngere, Karlmann/Pippin und Ludwig I. der Fromme einen gewissen Bekanntheitsgrad.
Pippin der Bucklige
Pippin der Bucklige wäre im Grunde genommen erster Thronanwärter gewesen. Das ließ aber die Denke der Zeit nicht zu, da seine Mutter – obzwar mit Karl dem Großen verehelicht – nach kirchlicher Auffassung als Friedelfrau (Mätresse) und somit als illegitime Gattin galt.
Pippin wuchs im Kloster auf, litt unter seinem körperlichen Schönheitsfehler, fand nie einen Draht zu seinem Vater und verlor sein Erbrecht schließlich an Karlmann. Mehrmals versuchte er, seine Ansprüche durchzusetzen, was ihm aber letztlich nicht gelang. Nach einem Putschversuch 792 wurde Pippin der Bucklige nach Prüm (Eifel) ins Kloster abgeschoben, wo er 811 verstarb.
Karl der Jüngere
Es scheint, dass Karl der Große seinen zweitältesten Sohn – aus der Ehe mit Hildegard – mehr oder weniger für´s Grobe vorgesehen hat. So setzte er ihn als Heerführer gegen die Sachsen, Angelsachsen, Böhmen, Sorben und Dänen ein. Aus Sicht des Vaters, mit Erfolg.
Im Jahr 788 wurde Karl der Jüngere zum König in Neustrien ernannt, wurde 800, anlässlich der Kaiserkrönung Karls des Großen, offiziell zum König gesalbt und durfte 805 Papst Leo III. (750-816) von den Alpen nach Reims begleiten.
Aus der Erbschaftsregelung, die sein Vater 806 in der Pfalz Diedenhofen (Lothringen) für ihn vorgesehen hatte, wurde dann leider nichts. Karl der Jüngere verstarb – wie auch Pippin der Bucklige – im Jahr 811.
Pippin, König von Italien
Pippin, der bis zu seiner Namensänderung und Krönung zum König von Italien durch Papst Hadrian I. 781, eigentlich Karlmann hieß, kämpfte mit und für seinen Vater gegen die Awaren, Slawen, Sachsen und Mauren.
Im Jahr 806, anlässlich der Erbschaftsregelung seines Vaters Karl des Großen in der Pfalz Diedenhofen, erhielt Pippin zusätzlich zu Italien noch Bayern. Das war´s eigentlich – abgesehen von einer ergebnislosen Belagerung Venedigs im Jahr 810. Pippin verstarb noch im selben Jahr.
Ludwig der Fromme
Ludwig I., der Fromme, wurde 781 König von Aquitanien, 813 von seinem Vater zum Mitkaiser ernannt und schließlich, nach Karls des Großen Tod 814, Kaiser des gesamten Fränkischen Reiches.
Ludwig, von körperlicher Statur seinem Vater ähnlich, soll zwar durchaus intelligent, aber auch derart fromm gewesen sein, dass er wohl zum Lachen in den Keller ging. Er war politisch bemüht, lebte im Dauerstress mit seinen Söhnen und Enkeln, wurde von dieser Sippschaft zweimal seines Thrones verwiesen, kam jedes Mal zurück, hatte aber letztendlich kein Fortune.
Nach seinem Tod 840 in Ingelheim am Rhein (heute: Rheinland-Pfalz) zerfiel das Fränkische Reich. Es wurde von den Nachfahren im Vertrag von Verdun 843 in drei Teile geteilt.
Bruderzwist
Woraus resultierten die Spannungen zwischen den Brüdern Karl und Karlmann?
Weil es in der Geschichtsforschung über den Zeitpunkt der Geburt Karls des Großen über lange Zeit eine gewisse Uneinigkeit gab.
Inzwischen bestehen mindestens zwei Mutmaßungen. Eine ältere (742) und – die Forschung schläft nicht – eine neuere Version (747/48). Die Eheschließung Pippins III. mit Bertrada, wird in diesem Zusammenhang entweder bereits auf das Jahr 741 oder, noch eine Variante, etwa auf das Jahr 744 festgelegt.
Karlmann (751-771), der naturgemäß keine Ahnung vom heutigen Stand der Forschung haben konnte, unterstellte Karl also die alte Version. Danach sei, so glaubte er, Karl 742 unehelich zur Welt gekommen. Ein Makel, den Karlmann seinem Bruder ständig unter die Nase gerieben haben muss. Bis hin zur abwertenden Titulierung: Bastard – also aus nicht standesgemäßer Geburt stammend. Was so ja augenscheinlich keineswegs der Fall war.
Was war die Konsequenz dieser Unterstellung?
Pippin III. hatte vor seinem Tod im September 768, die Teilung des Reiches unter seine Söhne verfügt. Weder Karl noch Karlmann und auch sonst niemand am Hof, hatten mit dieser unglücklichen Teilung des fränkischen Reiches – mit diesen absolut uneinheitlichen Gebieten und Grenzen – gerechnet.
Demnach sollte Karl Austrien (östlicher Teil Frankreichs), Bayern, das Land nördlich des Mains, die Niederlande und einige Teilgebiete Frieslands erhalten. Karlmann hingegen, wurden große Teile Neustriens (westlicher Teil Frankreichs), das Elsass, die Gebiete von Augsburg bis nach Reims und einiges mehr zugesprochen. Aquitanien (im Südwesten Frankreichs) sollten sich die Brüder einvernehmlich teilen.
Beide Brüder wurden 768 zum König über ihre jeweiligen Latifundien gekrönt. Karl in Noyon, einer Stadt im Norden des heutigen Frankreich, und Karlmann in der ehemaligen merowingischen Residenz und heutigen nordfranzösischen Gemeinde Soissons. Bis zum Jahr 771 gab es nun, wenn man so will, zwei Frankenkönige. Zwistigkeiten zwischen den Brüdern waren vorprogrammiert.
Ohnehin von persönlicher Abneigung und politischer Rivalität geprägt, kam noch ein Schüppchen obendrauf, als Karlmann sich vehement weigerte, den Bruder 768/769 gegen die aufständischen Aquitanier zu unterstützen.
Spätestens jetzt war das eh schon angespannte Verhältnis irreparabel gestört.
Durch welchen Umstand wurde Karl zum Alleinherrscher?
Karl der Große hatte nicht vor, sich provozieren zu lassen. Er bewies Haltung und blieb beherrscht,
- erledigte die Angelegenheit mit Aquitanien im Alleingang,
- überstand mehr oder weniger gelassen die von seiner Mutter, Bertrada, angestrebte Heirats- und Verwandtschaftspolitik mit einer der Töchter des langobardischen Königs Desiderius – und
atmete nichtsdestoweniger auf, als Karlmann plötzlich und unerwartet 771 verstarb. Nach kurzer Krankheit. Ein in der Luft gelegener Bruderkampf um die Macht im Reich, blieb durch den frühen Tod Karlmanns aus.
Karl der Große hatte nun freie Hand. Jetzt konnte er endlich das Frankenreich ganz nach seinem Gusto gestalten und verwalten. Karl war am Ziel. Endlich war er König des gesamten Fränkischen Reiches.
Extro
Wie viele "Karlmanns" gab es eigentlich?
Mindestens drei von einiger Bedeutung!
Der erste Karlmann (etwa um 710/714-754) war der Sohn Karl Martells und Bruder Pippins III. des Jüngeren. Karlmann, verwickelt in Erbstreitigkeiten mit Bruder Pippin, gab sein Hausmeieramt nur wenige Jahre, 747, nach Übernahme seiner Amtsgeschäfte auf. Möglicherweise nicht freiwillig, aber eben doch. Er wurde Mönch im Kloster Monte Cassino. Dort verstarb Karlmann im Jahre 754.
Es folgte Karlmann I. (etwa 751-771), zweiter Sohn Pippins III. (dem Jüngeren) und Bruder Karls des Großen (sh. oben).
Dann gab es noch den dritten Karlmann (etwa 777-810). Das war der Sohn Karls des Großen aus dessen dritter Ehe mit Hildegard. Dieser Karlmann wurde 781 in Rom von Papst Hadrian I. auf den Namen Pippin umgetauft. Seither firmierte er unter dem Namen: Pippin, König von Italien.
Verunsicherung und Skepsis
Mangelte es Karl dem Großen an Anerkennung?
Möglicherweise ist es tatsächlich so gewesen. Zumindest zu Beginn seiner Herrschaft. Karl, der Zeit seines Lebens um Anerkennung zu kämpfen schien, war sich der unterschwelligen Ressentiments des einen oder anderen seiner Gefolgsleute durchaus bewusst.
Obwohl nach dem Tod des Mitbewerbers Karlmann nun Alleinherrscher im Fränkischen Reich, scheint Karl das Gefühl nicht losgeworden zu sein, dass der uralte Adel in
- Pavia (die Langobarden),
- Rom (der Klerus),
- Byzanz (der Kaiser von Ostrom) sowie die Mächtigen in
- Jerusalem und Bagdad
in ihm lediglich jemanden sah, der sich aus niederen Verhältnissen hochgearbeitet habe. Immer mal wieder musste er sich seiner Herkunft wegen rechtfertigen. Was Karl zwar ärgerte, aber dieser Voreingenommenheit teils mit Bedauern, teils mit Selbstironie, Gelassenheit oder auch mit Gleichgültigkeit begegnete. Nicht zuletzt überzeugte Karl die Zweifler sowohl durch militärische und reformerische Erfolge, als auch mit Leistung und kluger Machtausübung.
Warum hielten Karls Zeitgenossen sein Reich für glanzlos?
Na ja, die anderen Herrscher verfügten über etwas, was Karl nicht hatte: Eine Residenz. Zur Zeit Karls des Großen gab es nämlich im fränkischen Reich keine Hauptstadt im Sinne des Wortes. Es gab auch keinen herrschaftlichen Königspalast.
Mit anderen Herrschaftsapparaten und deren Städten verglichen, wie zum Beispiel
- Ostrom (Byzanz/Konstantinopel),
- dem Sitz der Päpste (Rom) oder
- Pavia (Herrschaftssitz der Langobarden),
musste Karls Riesenreich den zeitgenössischen Päpsten, Königen oder Kaisern ziemlich armselig und glanzlos vorgekommen sein. Was aber Karl nur am Rande interessiert zu haben schien.
Reichsstruktur & Regierungsform
Wie war das Frankenreich Karls des Großen organisiert?
Das Reich war in regionale Einheiten gegliedert. Diese Gebiete wurden im Großen und Ganzen selbstverantwortlich von den eingesetzten Grafen verwaltet. Allerdings hatten die Grafen dem König gegenüber Rechenschaft über ihr Tun und Lassen abzulegen.
Fiel ein Graf durch Ungehorsam, Unbotmäßigkeit oder Renitenz auf, war Karl genötigt, den Aufmüpfigen zur Räson zu bringen. Gelegentlich auch mit Waffengewalt. Schließlich hatte Karl seinen Alleinherrschaftsanspruch unmissverständlich zu verteidigen.
Um das ständig wachsende Frankenreich effizient verwalten zu können, musste Karl in erster Linie für Loyalität seiner fränkischen Vertrauensleute sorgen. Weltliche (Grafen, Herzöge) und kirchliche (Bischöfe, Äbte) Statthalter ließ er unwidersprochene Treue schwören, bevor er sie ermächtigte, gleichberechtigt in seinem Namen zu handeln.
Darüber hinaus ließ sich Karl regelmäßig von zwei extra dafür abgestellten Inspektoren über die jeweils herrschenden Zustände in den Bezirken berichten.
Zuständigkeiten
Pfalzgrafen verwalteten die königlichen Pfalzen. Burggrafen hatten sich um militärische Aufgaben, wie zum Beispiel der Befestigung von Städten und Bischofssitzen, zu kümmern. Markgrafen verteidigten die Reichsgrenzen und waren daher, um ihre Heere bei Laune zu halten, üppiger mit finanziellen Mitteln ausgestattet, als die Kollegen im Landesinneren
Beschaffenheit
Die wesentlichen Pfeiler des Frankenreiches unter Karl dem Großen waren:
- das Lehnswesen, das die verwaltenden Grafen und deren Gefolgsleute auf den König verpflichtete,
- die Kirche, deren Vertreter zur Zeit Karls des Großen vom König ein- und abgesetzt werden konnten.
Die Kirchenfürsten nahmen sowohl weltliche, als auch kirchliche Aufgaben wahr. Das Grafschaftswesen hatte einen beträchtlichen Anteil am Funktionieren des Reiches.
Aufbau
Der Königshof, die Spitze des Reiches, rekrutierte sich im Wesentlichen – neben dem König – aus einem
- Seneschall (das war der Oberaufseher der Hofhaltung),
- dem unverzichtbaren Kämmerer (zuständig für die Finanzen),
- einem Marschall (oberster Heerführer),
- einem Mundschenk (verantwortlich für Getränke und den Weinanbau) sowie dem
- jeweiligen Pfalzgrafen.
Ein Kanzler war mit der Kontrolle und dem Verfassen von Erlassen beauftragt. Und dann gab es da noch, wie an anderer Stelle schon gesagt, jeweils einen Grafen und einen Bischof oder Abt, die gemeinsam als Reichsinspektoren fungierten.
Wie und wo regierte Karl der Große das Reich?
Auf dem Rücken der Pferde. Vor Ort in Königspfalzen oder Pfalzgrafschaften.
Das war anstrengend, setzte eine ambitionierte Logistik voraus und hatte zur Folge, dass Karls Regierungssitz also immer dort war, wo er sich gerade aufhielt. Begleitet wurde er bei all diesen Unternehmungen von einem schon mal aus über ‚tausend Mann‘ bestehenden Tross:
- Seinem Hofstaat,
- bewaffneten Truppen,
- Priestern, Mönchen, Händlern, Gauklern,
- Frauen und gelegentlich sogar von Kindern.
Pfalzen
Das Leben eines Frankenkönigs war unstet und mühsam. Die Regierungsform der Könige bestand, wie gesagt, im stetigen Umherziehen. Es gab keinen festen Ort, keine ausgewiesene Residenz.
Für eine begrenzte Zeit ließen sich die Herrscher daher in den Pfalzen nieder, kümmerten sich um die Verhältnisse vor Ort, hielten Hof, bereiteten ihre Feldzüge vor, sprachen Recht, empfingen Besucher und zeigten ganz einfach Präsenz vor ihren Grafen, Bischöfen und Untertanen.
Pfalzen (Pfalz: lat. palatium/Palast) waren kastellartige Hofgüter. Wohntrakt, Küche, Stallungen, Werkstätten, Kapelle oder Kirche, Toranlage, Wehrmauern und Königshalle (Aula Regia) umschlossen einen oder mehrere Innenhöfe.
Während des Aufenthalts des Königs/Kaisers, hatten die Pfalzgrafen für Unterkunft und Verpflegung für den mitreisenden Hofstaat zu sorgen. Die Pfalzen, in denen Station gemacht wurde, dienten dem König somit als Residenz und Versorgungsstätte. Reiste der König mit seinem Treck weiter, griff das Sprichwort: "Über Besuch freut man sich zweimal. Einmal, wenn er kommt, einmal, wenn er wieder geht".
Karl konnte sich nie lange an nur einem einzigen Ort aufhalten. Er wurde überall gebraucht. Irgendwo in seinem Herrschaftsgebiet hatte er immer zu tun.
Überall musste er nach dem Rechten sehen, hatte die ihm unterstehenden Regionen zu kontrollieren, aufständischen Völkerschaften zu zeigen, wer der Herr im Reich ist, obstinate Grafen zur Ordnung zu rufen, oder durch seine Präsenz ganz einfach nur das Gemeinschaftsbewusstsein stärken.
Reichstage
Die Grafen der etwa 230 Grafschaften, die Markgrafen (das waren die, die ihre Ländereien an den Grenzen des Reiches hatten), Bischöfe und Äbte kamen zweimal jährlich zum Reichstag in der von Karl dem Großen zuvor bestimmten Pfalz zusammen.
März- oder Maifeld
Ein Reichstag unter Karl dem Großen, entsprach im Grunde genommen einer Reichsversammlung, zu der sich sämtliche maßgeblichen Vertreter des Reiches zusammenfanden. Zu Beginn im März, fanden diese Versammlungen später überwiegend im Mai statt – das Frühlingswetter war einfach angenehmer. Die jeweiligen Versammlungsorte wurden daher März- beziehungsweise Maifeld genannt.
Es waren die Orte, an denen in erster Linie Politik gemacht wurde! Meistens verbunden mit Beschlüssen zu einem neuen Feldzug. Und der war fast jedes Jahr notwendig. Grenzen waren zu sichern, eroberungswütige Angriffe gegnerischer Völker oder Stämme mussten verhindert und querköpfige Landesteile zur Besinnung gebracht werden.
Die Aachener Pfalz und ein "weißer" Elefant
Es muss ihn gegeben haben, diesen Elefanten. Vermutlich mit einer seltenen Anomalie (Albino?) ausgestattet. Dennoch, oder gerade wegen dieser Seltenheit, war das Tier als Gastgeschenk gedacht. Und zwar vom Kalifen von Bagdad, Harun al-Raschid (763-809), der, etwa um 802, Karl den Großen in dessen Aachener Pfalz besuchte.
Karl war gerade dabei, sich – wegen offener Glaubensfragen zwischen Islam und Christentum – um gute Beziehungen zu den Muselmanen zu bemühen. Der Elefant war seitens des Kalifen ein Zeichen der Freundschaft. Er, der Elefant, trug den Namen Abul al-Abbas. Benannt nach dem Stammvater der Abassiden. Abul al-Abbas wiederum, soll ein Nachfahre von Mohammeds Onkel gewesen sein.
Nun, ja – bleibt die Frage: Wie hat die arabische Reisegruppe den tonnenschweren Dickhäuter von Bagdad nach Aachen bugsiert, wie für die aufwendige und teure Verpflegung gesorgt? Und, was ist aus dem Elefanten geworden? Wahrscheinlich lebte er bis zu seinem Dahinscheiden in einem der kaiserlichen Tiergehege. Zum Gaudi der Gäste und neugierigen Hofbediensteten.
Strategie
Wie funktionierte das Lehnswesen unter Karl dem Großen?
Die adeligen Gefolgsleute des Königs/Kaisers, Grafen, Markgrafen und auch Bischöfe, stellten mit ihren Bauern, Handwerkern und anderen das Fußvolk und die Reiter für die zu absolvierenden Feldzüge.
Sie gelobten gegenüber dem König/Kaiser Loyalität und Gehorsam. Dafür erhielten sie ein Lehen, das im Wesentlichen aus Ländereien oder gewissen Rechtsansprüchen bestand. Beide Parteien profitierten voneinander. Es war sozusagen eine Win-Win-Situation.
Wie verfuhr Karl der Große mit den eroberten Gebieten?
Im Grunde genommen großzügig. Es gab keine Bevorzugung bestimmter Stände oder Stämme.
Jeder, sich dem fränkischen Reich und Karl gegenüber loyal Verhaltende, hatte auch Aufstiegschancen. Traditionen und Bräuche der dem Reich eingegliederten Völker und Gebiete konnten weiterhin ausgeübt werden. Der Übertritt zum Christentum, konnte dabei allerdings von Vorteil sein.
Wie wurden die Menschen der annektierten Gebiete integriert?
Nun, der langobardische Adel zum Beispiel wurde – nach ihrer Niederlage 774 – in den fränkischen Adel aufgenommen, bekam aber zur Auflage, die römische Kirche und den Papst anzuerkennen.
Die heidnischen Sachsen wurden – nach mindestens sieben Feldzügen – zwar gezwungen, sich christlich taufen zu lassen und Karl als obersten Herrscher anzuerkennen, aber letztendlich integrierten sich auch die bockbeinigen Sachsen in das fränkischen Reich.
Ähnlich verhielt es sich mit den Baiern (Bayern), Slawen, Ungarn und anderen. Und trotzdem – hin und wieder musste Karl die ewig unverbesserlichen Abweichler dann doch mit militärischen Mitteln auf Trab bringen.
Womit versuchte Karl der Große den Stammesadel an sich zu binden?
Zwar verloren die Herzöge eroberter Gebiete ihre Souveränität sowie den Titel, aber ihre Stammesrechte blieben im Großen und Ganzen unangefochten.
Um die Loyalität des jeweiligen Adels zu gewinnen und diesen zunehmend an ihn und das Reich zu binden, schuf Karl im weitesten Sinne so etwas wie eine das Reich übergreifende Aristokratie. Die führenden Protagonisten wurden großzügig mit Gütern, Land- und Forstgebieten versorgt.
Die Idee, die hinter dieser Vorgehensweise steckte, entsprach dem Gedanken, alle und alles unter einen Hut zu bringen, um, wenn man so will, ein einheitliches Europa zu schaffen. Allerdings kam zu Karls Zeiten der Begriff Europa nicht vor. Ein Europa im heutigen Sinne lag noch in weiter Ferne.
Was ist unter dem Begriff "Kapitularien" zu verstehen?
Ab 779 arbeitete Karl der Große mit sogenannten Kapitularien. Das waren königlich-kaiserliche Erlasse oder Dekrete, deren einzelne Teile "capitula" (Kapitel) genannt wurden.
Inhaltlich handelte es sich hierbei um gesetzliche Anordnungen, die das bisherige Volksrecht der unterworfenen Bevölkerung ergänzen sollten. Kapitularien konnten sich auf die Verfassung, die Verwaltung, auf kirchliche Belange oder eben auf die Rechtsauslegung beziehen.
Christianisierung
Wie kamen die Franken zum Christentum?
Im Glauben der Germanen, also auch der Franken, hatte eine Vielzahl unterschiedlichster Naturgötter Platz. Und ihrer Glaubensauffassung nach, drehte sich (fast) alles um deren Wertschätzung oder Bitten um Schadensbegrenzung bei Unglücken und Katastrophen aller Art. Für die germanischen Communitys, ob Stammes- oder Familienverband, galten ausschließlich ihre überlieferten religiösen Kulte. Christlicher Monotheismus war ihnen suspekt.
Das änderte sich mit dem Merowinger Chlodwig I., der sich 498 n. Chr. taufen ließ, und damit zum katholischen Glauben übertrat. Allerdings tat er das nicht allein aus religiösen Gründen, sondern wohl doch mehr aus politischem Kalkül heraus.
Chlodwig schloss, ganz pragmatisch, ein Bündnis mit den katholischen Bischöfen seines Reiches. Und da sich beide Seiten – Kirche und Staat – tolerierten, respektierten und sich gegenseitig freie Hand bei ihren Geschäften ließen, gelang es Chlodwig und seinen Nachfolgern im Laufe ihrer Herrschaft, das Fränkische Reich ohne Einflussnahme kirchlicher Institutionen über ganz Mittel- und Westeuropa auszuweiten.
Wie entwickelte sich die Christianisierung der Franken?
Zu Beginn lag beides nahe beieinander:
- Heidnische Riten vs. christlicher Glaube.
Zwar wurden die Franken bereits im Laufe merowingischer Herrschaft peu á peu christianisiert, hielten aber dennoch lange Zeit an ihren heidnischen Göttern, Dämonen und kultischen Bräuchen fest. Letztlich waren sie nur halbherzig bei der Sache. Ethik, Moral und Lauterkeit christlichen Glaubens erschloss sich ihnen nur mühsam, oder überhaupt nicht.
Als aber die Menschen begannen, die turbulente und oft regellose Lebensweise und Amtsausübung merowingischer Regenten als erbärmlich, würdelos und hanebüchen zu beurteilen, bot ihnen letztlich die katholische Kirche mit ihren Glaubensvertretern mit der Zeit dennoch ein Bild nachhaltiger und Vertrauen erweckender Zuverlässigkeit.
Die Kirche machte sich unter anderem für gesellschaftlich Benachteiligte stark, ermöglichte Betroffenen Asyl oder war ganz einfach in der Ausübung wohltätiger Nächstenliebe engagiert. Das kam an.
Wie verhielt sich Karl der Große zur Kirche in Rom?
Kooperativ.
Pippins III. des Jüngeren Sohn, Karl der Große, seit 771 Alleinherrscher des Reiches,
- unterstützte Papst Leo III. (750-816) gegen den mit diesem unzufriedenen römischen Adel, insbesondere der Familie seines Vorgängers Hadrian I.,
- wurde – eine Hand wäscht die andere – im Dezember 800 in der Basilika Sankt Peter/Vatikan von Leo zum Kaiser des Fränkischen Reiches gekrönt,
- spielte der Kirche mit Kloster-, Bistumsgründungen und sonstigen Aufwertungen in die Karten,
- betrieb mit massivem Eifer die Missionierung im Reich – vornehmlich die der Sachsen (Sachsenkriege) –,
- behielt sich aber vor, Bischöfe selbst zu ernennen
und festigte durch diese Maßnahmen, unter anderem, seine Stellung und seinen Einfluss.
Bischöfe
Primär waren die Bischöfe verantwortlich für die Verwaltung kirchlicher Belange sowie für die Betreuung und gelebte Seelsorge der Schäfchen ihres Bistums.
Im Verlauf des Bestehens des Fränkischen Reiches nahmen sie allerdings auch Aufgaben wahr, die üblicherweise zuvor von römischen Staatsbediensteten erledigt wurden. Da das Amt eines Bischofs somit gleichzeitig auch ein politisches war, erhielten die Bischöfe mehr und mehr Macht und zunehmenden Einfluss auf staatliche Angelegenheiten.
Was wurde in der "Admonitio generalis" festgelegt?
Die Admonitio generalis (allgemeine Ermahnung) aus dem Jahr 789, ist, im weitesten Sinne, ein in zwei Teilen auf die Religion und den Glauben bezogenes Reformprogramm für das Reich Karls des Großen.
Der erste Teil beschäftigt sich mit kirchenrechtlichen Fragen, im zweiten Teil werden von Karl unter anderem auch für das gesamte Reich verbindlich geltende Maßeinheiten festgelegt, deren wichtigste die
- römische oder germanische Meile,
- der Morgen,
- das karolingische Pfund und
- der Scheffel
waren.
Wurden Juden von den Karolingern toleriert?
Ja, durchaus! Unter der Herrschaft der Karolinger gab es keinerlei Judenverfolgungen. Im Gegenteil! Karl der Große betrachtete zum Beispiel jüdische Kaufleute als wichtige und willkommene Mittler zwischen Muslimen und Christen.
Juden waren unter anderem Goldschmiede, Ärzte und Gutsbesitzer. Als Kaufleute trugen sie dazu bei, dass Handel und seriöser Kommerz einen durchaus reputierlichen Stellenwert erhielten.
Feldherr und Schlachtenlenker
Wer waren Karls des Großen hauptsächliche Gegenspieler?
Nun, Karl der Große kämpfte unter anderem gegen aufmüpfige Aquitanier, gegen das aus Asien in Ungarn eingefallene Volk der Awaren sowie gegen den Bayernherzog Tassilo III. Der hatte – was absolut nicht im Sinne Karls war – die jüngste Tochter des Langobardenkönigs Desiderius geheiratet und sich daher dummerweise auf die Seite der Langobarden geschlagen.
Außerdem zog Karl zu Felde gegen die
- Moslems in Spanien,
- immer mal wieder gegen die Unruhe stiftenden Langobarden,
- gegen das seefahrende Volk der Friesen
- und – fast dreißig Jahre lang – gegen die widerspenstigen und störrischen Sachsen.
Die Zahl bedeutender Feldzüge Karls des Großen wird mit mindestens sechzig beziffert. Statistisch gesehen, macht das in Karls sechsundvierzig Jahren als König und Kaiser 1,3 Waffengänge per anno. Allerdings waren seine Truppen hin und wieder mit zwei oder mehr kriegerischen Auseinandersetzungen gleichzeitig befasst. Und nicht immer war Karl als Anführer dabei. Aber bei immerhin etwa der Hälfte all dieser Kampfhandlungen, soll Karl das Heft selbst in der Hand gehabt haben.
Deutscher Kaiser? Oder fremder Eroberer?
An den Kriegszügen gegen die Friesen und Sachsen erkennt man ganz gut, dass man durchaus darüber streiten kann, ob Karl der Große ein deutscher Kaiser war. Man könnte auch sagen, er war ein fränkischer Herrscher, der erst durch die Unterdrückung urdeutscher Stämme zu einem "Deutschen" wurde. Auf der anderen Seite ist das Streiten über diese Frage auch müßig, weil damals – kurz nach der Hochphase der Völkerwanderung – praktisch jedes europäische Volk in Bewegung geraten war und mehrfach den Standort wechselte.
Wie bereitete Karl der Große seine Feldzüge vor?
Karl der Große hat so gut wie ständig Krieg geführt. Im Frühling eines jeden Jahres rief er die Mächtigen und Lehnsherren seines Reiches auf dem Maifeld zusammen. Mitzubringen waren die zum Heeresdienst verdonnerten
- Gefolgsleute mit ihren Reitern – bestehend aus schwerer (Scara francisca/Panzerreiter) und leichter Kavallerie – sowie
- die Horde des marschierenden Fußvolks.
Bevor der Tross – bisweilen, wie schon einmal erwähnt, bis zu tausend Mann und gelegentlich mehr – sich auf den Weg in Richtung Feind aufmachte, wurde beraten, Kundschafter angehört, die seiner Zeit verfügbaren Karten studiert und Rekruten ausgebildet.
Ausrüstung
Grundsätzlich war jeder Freie, also jeder aus der führenden Schicht des karolingischen Adels, zur Loyalität gegenüber dem jeweiligen Lehnsherren sowie dem König/Kaiser zum Dienst an der Waffe verpflichtet.
Dazu gehörte auch, für die Ausrüstung und Verpflegung der von ihnen gestellten Kämpfer Sorge zu tragen. Hinzu kamen Waffen, Lebensmittel, Kleidung sowie das erforderliche Fuhrwerk.
Und das war nicht nur nicht einfach, sondern auch teuer. So gut wie unbezahlbar wurde die Situation, als Karl der Große zunehmend das Heer auf die von ihm favorisierten Panzerreiter ausrichtete.
Deren Kampfausstattung, wie zum Beispiel:
- Lederhelm,
- Riemenpanzer,
- eisenbeschupptes Hemd aus Leder,
- Beinschutz,
- Schild, Schwert, Lanze und Pferd
konnte letztlich nur noch von den superreichen Grundbesitzern aufgebracht werden.
Feldzüge
Was führte zum Konflikt mit den Langobarden?
Bei den Langobarden ging es darum, dass Desiderius, von 757 bis 774 König der Langobarden, einen Teil der Ländereien Papst Hadrians I. okkupiert hatte. Woraufhin Hadrian Karl den Großen um Hilfe bat. Der tat das freilich nicht nur aus purer Hilfsbereitschaft, sondern auch (oder sogar vor allem) aus ganz eigenen machtpolitischen Interessen.
Nachdem Karl der Große 774 Desiderius und seine Langobarden besiegt und dessen Reich dem Fränkischen Reich angeschlossen hatte, gab er sich den Titel "König der Franken und Langobarden und Schutzherr der Römer".
Mit dem Titelzusatz "Schutzherr der Römer" wollte Karl die Fortführung des von seinem Vater gegebenen Versprechens dokumentieren. Denn bereits 756 hatte sich sein Vater, Pippin III. (der Jüngere), zum Schutzherrn über die Stadt Rom erklärt.
Zugleich wollte Karl der Große natürlich auch möglichst großen machtpolitischen Einfluss in Rom gewinnen. Dass die Römer oder vielmehr der damalige Papst Hadrian dem zustimmten, klingt befremdlich, wird aber klarer, wenn man bedenkt, dass Karl der Große Hadrian zuvor im Konflikt mit den Langobarden zu Seite gesprungen war. Das übliche Nehmen und Geben also.
Warum lag Karl mit den Awaren im Clinch?
Die Awaren waren ein Volk aus der Gegend zwischen Kaspischem Meer und dem nördlichen Kaukasus. Dort, wo heute die Republiken Dagestan und Aserbaidschan liegen.
Von den Türken bedrängt, zogen sie im 6. Jahrhundert in Richtung Westen, besiedelten Teile Ungarns, des Burgenlandes und der Steiermark und stifteten Unfrieden. Nach der Absetzung ihres Verbündeten, des Bayernherzogs Tassilo III. – 788 durch Karl den Großen und der damit einhergehenden Einverleibung Bayerns ins fränkische Reich – waren die Awaren mit einem Mal direkte Nachbarn der Franken.
Karl der Große war nun genötigt, Grenzsicherung im Osten betreiben. Das tat er insgesamt dreimal.
Beim ersten Mal, 791, hatte Karl Pech. Eine unerklärliche Seuche raffte die Pferde seines Heeres dahin, was ihn unverrichteter Dinge zur Aufgabe seines Vorhabens zwang. Um zukünftig günstigere Voraussetzungen für den Nachschub und Transport seines Heeres zu bekommen, beschloss Karl der Große 793, den Bau eines Rhein-Main-Donaukanals. Was aber auch daneben ging.
Drei Jahre später, 796, war es Karls Sohn Pippin von Italien, dem es gelang, die Awaren zu Vasallen des fränkischen Reiches zu machen. Trotzdem kam es weiterhin zu Aufständen. Erst 803 konnte Karl der Große die Awaren endgültig niedergeschlagen.
Fund des Awarenschatzes
Unglaublich vermögend sollen die Awaren aufgrund erpresserischer Tributforderungen ihres Anführers Baian Khan an das byzantinische Reich geworden sein. Die Mär von einem sagenhaften Goldschatz machte die Runde – und vor Karl dem Großen nicht halt.
Während des Feldzuges seines Sohnes Pippin von Italien gegen die Awaren im Jahr 796 – die zwar ihre stammesfürstlichen Rechte behalten durften, aber dennoch zu Untertanen degradiert wurden – fiel den Franken (angeblich!?) als Beute auch dieser sagenumwobene Awarenschatz in die Hände.
Karl der Große soll davon so gut wie nichts behalten, sondern (sofern die Geschichte stimmt) große Teile des Schatzes an ihm gewogene Königshäuser sowie auch an den Papst verschenkt haben.
Verbleib des Awarenschatzes
Es muss den Awaren 796 irgendwie gelungen sein, Teile des Schatzes vor der fränkischen Soldateska zu verbergen. Denn eine nicht unerhebliche Anzahl Pretiosen des vermuteten Awarenschatzes soll bei Nagyszentmiklós, einer Grenzstadt zwischen dem heutigen Rumänien, Ungarn und Serbien
- vergraben gewesen,
- 1799 von Bauern gefunden und von
- Schatzsuchern zweifelhaften Charakters in Ungarn feilgeboten worden sein.
Wozu es allerdings nicht gekommen ist. Die Dunkelmänner hatten nicht mit der ungarischen "Königlichen Kammer" gerechnet. Die schob dem Coup einen Riegel vor. Der Schatz wurde nach Wien gebracht. Dort unterliegt er heute wissenschaftlichen Untersuchungen, die beweisen sollen, dass der Goldschatz tatsächlich awarischen Ursprungs ist. Was mehr oder weniger als wahrscheinlich gilt.
Wie bewältigte Karl der Große das Problem mit den Agilolfingern/Bayern?
Als Agilolfinger, ursprünglich ein Stamm der Alemannen, bezeichnete sich die erste – vom sechsten bis zum Ende des achten Jahrhunderts herrschende – bayerische Herzogsdynastie mit Sitz in Regensburg.
Bereits zu Zeiten der Merowinger und fortgesetzt unter karolingischer Regentschaft versuchten die Agilolfinger, sich von der ihnen lästigen Vorherrschaft der Franken zu befreien. Trotz ständiger Aufsässigkeit und ununterbrochenem Pochen auf Selbständigkeit, ist ihnen das nie gelungen.
Der Groll Karls des Großen gegen Tassilo III. hatte sich über Jahre aufgestaut. Dessen unentwegtes Eintreten für die
- Eigenständigkeit Bayerns, der Agilolfinger,
- seine enge Verbundenheit zum Langobardenkönig Desiderius,
- Tassilos permanente Verweigerung, an Karls Feldzügen teilzunehmen und
- Tassilos Kumpanei mit den Awaren
hatten das Vertrauensverhältnis nachhaltig belastet.
Alles zusammen veranlasste Karl schließlich, dem obstinaten Unruhestifter ein abruptes Ende zu bereiten. Mit drei Heeresabteilungen rückte Karl Ende der achtziger Jahre des 8. Jahrhunderts in Bayern ein, setzte Tassilo 788 ab, steckte ihn ins Kloster und machte Bayern zu einem Teil des Fränkischen Reiches.
Was veranlasste Karl den Großen zu seinem Vorstoß gegen die Mauren?
Karl der Große hatte nicht nur mit den Sachsen seine liebe Not. Und obwohl immer wieder Aufstände auch in anderen Reichsgebieten niedergeschlagen werden mussten, ließ er sich 777 trotz allem von islamischen Prokuratoren (Sachwalter) im Norden Spaniens, die mit dem Emir Abd ar-Rahman I. von Cordoba über Kreuz lagen, um Hilfe bitten.
Im siebten Jahrhundert hatten die Araber (Sarazenen, Mauren) in kürzester Zeit weite Teile Vorderasiens und, im 8. Jahrhundert etwa ab 711, die iberische Halbinsel erobert. Im Namen der Religion Mohammeds (etwa 570-632), des Islam.
Jetzt, nach dem Hilferuf Sulaimans, hatte Karl der Große schnell die Chance sowohl zur Gebietserweiterung seines Reiches erkannt, als auch die Möglichkeit gesehen – sozusagen als Glaubenskrieger und Fighter für das Christentum – die Moslems aus Spanien vertreiben zu können.
Also zog Karl 778 tatsächlich nach Spanien, um (vordergründig) den für seine Eigenständigkeit kämpfenden islamischen Statthalter Sulaiman militärisch zu unterstützen.
Karl ließ sein aus Mainfranken, Aquitaniern, Alemannen, Burgundern, Bayern und anderen Volksstämmen bestehendes Heer – aufgeteilt in zwei Marschsäulen – über die Pyrenäen ziehen. Nachdem Barcelona, Pamplona und andere Städte im Sinne Sulaimans eingenommen waren, stießen beide Frankenheere in der Ebroebene wieder zusammen
Saragossa
Aber, als Karl mit seinen Leuten Saragossa einnehmen wollte, hatte sich die Lage leider verändert. Obwohl der Emir von Cordoba inzwischen erschlagen und das Anliegen des moslemischen Bittstellers Sulaiman also mit Unterstützung der Franken somit erfüllt worden war, hatte der falsche Fuffziger allerdings plötzlich seine Meinung geändert.
Völlig unerwartet für Karl den Großen, verbarrikadierten sich die Araber hinter den Mauern der Stadt Saragossa. Etwa vier Wochen lang ließ Karl Saragossa belagern. Mit kurzzeitig hergestellten Katapulten und zermürbendem Beschuss, gelang den Franken schließlich die Aufgabe der Stadt zu erreichen. Die Befestigungsanlagen wurden total verwüstet und Sulaiman an die Franken ausgeliefert.
Immer noch verärgert über den Verrat Sulaimans, der ihn erst um Hilfe gebeten, dann aber vor den Kopf gestoßen hatte, verlor Karl der Große scheinbar jegliches Interesse an Spaniern und den Arabern. Zusätzlich möglicherweise entnervt von südlicher Hitze, wollte Karl so schnell wie möglich die Iberische Halbinsel verlassen.
Zuvor eroberte Karl allerdings noch schnell Pamplona, ließ die Stadt plündern und teilweise zerstören. Soweit, so gut! Aber bedauerlicherweise konnten sich die Wasgonen (Basken) mit diesem Vorgehen nicht anfreunden. Wovon Karl sich wenig später schmerzhaft überzeugen lassen musste.
Roland, Markgraf der Bretagne
Als Karl sich mit seinen Truppen im Baskenland aufhielt, und – im Bewusstsein der drohenden baskischen Guerillagefahr – sein Heer in zwei Abteilungen zum Rückzug über die Pyrenäen aufforderte, geriet die Fraktion unter Führung Rolands, des angeblich inzestuös gezeugten Sohnes Karls des Großen, in baskischen Hinterhalt.
Seine Einheit wurde vollständig aufgerieben. Diese – für Karl den Großen ausgesprochen verlustreiche – Schlacht, ging als Katastrophe von Roncesvalles in die Geschichte ein.
Angeblich soll Roland aber später – trotz dieser verheerenden Niederlage – zum Helden und Märtyrer hochstilisiert worden sein. Er gilt sogar als Namensgeber der Rolandsage beziehungsweise des Rolandliedes.
Warum tat sich Karl der Große so schwer mit den Sachsen?
Wenn im Mittelalter von Sachsen die Rede ist, hat das nichts mit dem heutigen Bundesland, dem Freistaat Sachsen mit den Städten Dresden, Leipzig, Görlitz, Chemnitz oder Hoyerswerda zu tun. Unter Sachsen und den Sachsen zu Zeiten Karls des Großen sowie auch der Ottonen, sind im Kern vielmehr die Vorfahren der heutigen Niedersachsen zu verstehen.
Möglicherweise war es die Tatsache permanenter räuberischer Übergriffe der Sachsen auf fränkisches Gebiet, die Karl zum Handeln nötigte. Möglich aber auch, dass es Karl als bekennendem Christen in erster Linie darum ging, die störrischen Sachsen endlich zu missionieren. Wahrscheinlich war es beides zusammen.
Und dabei spielte auch, wenn es denn sein musste, das Schwert eine nicht unerhebliche Rolle.
Im Jahr 772 scheint Karl der Geduldsfaden gerissen zu sein. Seine Truppen eroberten in einer Art Partisanenkrieg – die Sachsen hatten keine vergleichbare Streitmacht, sondern kämpften in kleinen Einheiten aus dem Hinterhalt – die Grenzfestung Eresburg nahe Paderborn. Mit kurzfristigem Erfolg!
Warum dauerten die Sachsenkriege Karls des Großen gute dreißig Jahre?
Weil die Sachsen keinen König oder einen für alle Stämme sprechenden Anführer hatten. Mit wem sollte Karl also verhandeln. Die Sachsen entsprachen dem Haupt der Hydra. Hatten Karls Panzerreiter und Fußtruppen einen der Stämme besiegt, machte sich der nächste Clan auf die Beine, um Widerstand zu leisten.
Während der sächsische Adel eher bereit war, zum Christentum zu konvertieren – immerhin konnten sie dafür mit fränkischen Titeln belohnt werden – verweigerte sich der "kleine" Mann vehement gegen die Christianisierung. Es waren im Wesentlichen die Bauern, die sich nicht einschüchtern ließen. Unterstützt wurden sie in ihrem Untergrundkampf vom westfälischen Herzog Widukind (etwa 730-807), einem Guerillakämpfer durch und durch, der für ein ständiges Hin und Her von Sieg und Niederlage der Franken sorgte.
Blutgericht von Verden
Der über Jahre währende Zermürbungskrieg gegen die unbelehrbaren und aufsässigen Sachsen mit hin und herwogenden Erfolgen und Niederlagen mal der einen, mal der anderen Seite, war für Karls Truppen – Panzerreiter, leichte Kavallerie und Fußvolk – demoralisierend und für Karl selbst niederschmetternd und deprimierend.
Die von ihm favorisierte Christianisierung der Sachsen kam nicht recht voran. Und, dass es dem Widerstandshelden der Sachsen, Herzog Widukind, immer wieder gelang, die Missionare aus dem Land zu jagen und dem fränkischen Herrschaft Paroli zu bieten, verärgerte Karl maßlos.
Im Jahr 782 hatte Karl schließlich die Nase endgültig voll. In Verden an der Aller entschloss er sich zu einem Strafgericht, bei dem er – was aber heute als nicht sicher gilt – 4500 sächsische Aufständische auf unübersehbar blutige Art hinrichten ließ.
Wenn Karl nun gedacht hatte, mit dem Blutgericht von Verden die Sachsen zur Einsicht – und zum Christentum! – bekehrt zu haben, sah er sich getäuscht. Im Gegenteil!
Jetzt erst recht, sagten sich die Sachsen, vergaßen ihre regionale Eigenständigkeit, standen jetzt geschlossen hinter ihrem Anführer Widukind und kämpften – gemeinsam mit den Friesen – unverdrossen weiter für ihre Unabhängigkeit vom fränkischen Reich. Es waren schier unerschöpfliche Auseinandersetzungen – für beide Seiten blutig, aufreibend und scheinbar wenig erfolgreich.
Eresburg und Irminsul
Die Eresburg war eine im heutigen Hochsauerland an der Diemel, einem Zufluss zur Weser, gelegene Wehranlage der Sachsen.
Auf der Eresburg oder drum herum soll die Irminsulsäule, ein altsächsisches Heiligtum, gestanden haben. Beides, die Eresburg und die vorgeblich aus Holz gefertigte Irminsulsäule, wurden 772 von den Kampftruppen Karls des Großen erobert und zerstört.
Was beabsichtigte Karl mit seiner Rechtssatzung für die Sachsen?
Capitulare Saxonium: Einführung
Karl der Große begegnete den nicht enden wollenden Freiheitsbestrebungen der Sachsen weiterhin mit unerbittlicher Härte.
Auf einer 785 einberufenen Reichsversammlung im heutigen Paderborn, verfügte Karl erbarmungslos und wild entschlossen per Gesetz (Capitulare Saxonicum oder Capitulatio de partibus Saxoniae = Rechtssatzung für das Gebiet Sachsen) Unterdrückungsmaßnahmen, die die Sachsen – und letztlich sogar auch Widukind – endlich zum Einlenken brachten.
Vor die Wahl gestellt, zwischen Christentum oder Tod und Vertreibung zu entscheiden, bekannte sich letztlich das Gros der Sachsen zum Christentum. Selbst Herzog Widukind ließ sich und seine Gefolgschaft taufen. In Reims. Taufpate war Karl der Große.
Capitulare Saxonium: Anwendung
Zuerst einmal wurde Sachsen fränkische Provinz. Sämtliche heidnischen Kulte der Sachsen wurden unter Strafandrohung bei Zuwiderhandlung verboten, das Christentum für jeden Sachsen zur verbindlichen Religion erklärt:
- Sachsen konnten, entsprechend Rechtssatzung, in andere Gegenden des fränkischen Reiches ausgesiedelt werden,
- die Gerichtsbarkeit unterlag ausschließlich fränkischen Grafen und
- der zehnte Teil landwirtschaftlicher oder sonstiger Erträge war an die Kirche zu entrichten.
Neben einigen weiteren unangenehmen Regelungen, die – bei Verstoß gegen das Gesetz – durchaus auch mit dem Tode geahndet werden konnten, blieb als letzter Ausweg für den Delinquenten allerdings noch die Asyl bietende Kirche. Dazu war sie, die Kirche, verpflichtet.
Capitulare Saxonium: Dauer
So richtig lange jedoch, hatte die Rechtssatzung keinen Bestand. Wieder einmal zeigte sich Karl der Große großmütig.
Denn nachdem die Sachsen – nach immer mal wieder aufkommenden Scharmützeln trotz der 785 verfügten "Capitulare Saxonium" – 797 wirklich und endlich unterworfen waren, lockerte Karl der Große seine in der "Rechtssatzung für das Gebiet der Sachsen" festgeschriebenen Gesetze. Sachsen galten fortan als ebenbürtige und gleichberechtigte Mitbürger des Frankenreiches. Ein paar Jahre später durften sie sogar wieder ihre Stammesrechte ausüben.
Politik, Papst und Kaiserkrone
Warum floh Papst Leo III. (750-816) nach Paderborn?
Papst Leo III. muss ein zwielichtiger Typ gewesen sein. Seine Gegner, insbesondere die Familie des kurz zuvor verstorbenen Papstes Hadrian I. im Dezember 795, konnten den Nachfolger schlicht nicht verknusen.
Sie warfen Leo Meineid, Ehebruch und Habgier vor, und schreckten selbst vor einem Attentat, einhergehend mit exorbitant drastischen Körperverletzungen, nicht zurück. Aber, Glück im Unglück, Leo konnte türmen. Erheblich angeschlagen, suchte er das Weite. Richtung Paderborn. Dort hatte Karl der Große, im Zuge eines seiner Sachsenfeldzüge, Station gemacht.
Welche Fragen warf Papst Leos III. Besuch in Paderborn auf?
Die Frage war, ob Karl der Große diesen unmöglichen Papst wieder in sein Amt hieven sollte oder nicht? Angilbert, Karls Jugendfreund und nunmehr fränkischer Diplomat, sprach sich dagegen aus. Auch Alkuin war darüber anfänglich nicht begeistert.
Letztlich kamen alle Beteiligten aber darin überein, dass ein Papst nicht einfach abgesetzt werden könne. Schon gar nicht, solange die Gründe des auf ihn verübten Mordanschlags nicht eingehend überprüft seien.
Leo wurde also, nach dreimonatigem Aufenthalt in Paderborn, mit vager Hilfszusage nach Rom zurückgeschickt. Und trotz aller Vorbehalte gegen diesen Papst sogar begleitet von einer Eskorte, bestehend aus Panzerreitern und Rechtssachverständigen. Letztere sollten in Rom eine Untersuchung der gegen Leo erhobenen Vorwürfe durchführen.
Warum und wann reiste Karl der Große nach Rom?
In Rom wurde nach wie vor Stimmung gegen Papst Leo III. gemacht – und die, die Stimmung, war nicht gut. Nur Karl der Große konnte entscheiden, ob ein Gerichtsverfahren gegen Leo angestrengt werden sollte. Die Beschäftigung mit der Causa Leo III., hatte bisher kein freundliches Bild für den Papst ergeben. Leo drohte der Prozess.
Obwohl Karl keine rechte Lust hatte, den Verteidiger dieses unangenehmen Patrons zu spielen, zog er dann doch im Spätsommer 800 nach Rom.
Aus politischen Erwägungen heraus. Denn immerhin war Karl der Große nicht nur König der Franken, sondern als Patricius Romanorum auch Sachwalter und Beschützer der christlichen Kirche – und damit notgedrungen auch verantwortlich für den Heiligen Stuhl. Papst Leo hin oder her.
Womit versuchte Papst Leo III., Karl einzuwickeln?
Mit der Geste des Entgegenreitens. Papst Leo III., der vor einer Synode (Bischofsversammlung) einen Reinigungseid ablegen sollte, wollte mit dieser Aktion bei Karl dem Großen schlicht und einfach für gut Wetter sorgen.
Ende November 800 lagerte Karl der Große mit seinem Tross bei Mentana, einer kleinen Stadt in der Region Latium/Italien. Auf dem Weiterweg nach Rom kam ihm Papst Leo III. – gefolgt von dessen Entourage aus Kirchenfürsten, Mönchen und einem Haufen nicht sehr Vertrauen erweckender Gestalten – bereits vor den Toren der Stadt entgegen.
Nicht, dass allein schon diese Kamarilla sonderbar auf Karl und seinen Hofstaat wirkte, sondern mehr noch die Tatsache, dass ein Papst einem König entgegen geritten kam, erweckte Argwohn unter Karls Leuten. Eine derartige Ehrung galt bis dahin als unüblich, und hätte umgekehrt im Grunde mehr Sinn gemacht. Was wollte also dieser schräge Vogel von Karl und den Franken?
Nun, wie gesagt, Leo wollte von den Vorwürfen seiner Gegner freigesprochen werden. Und da Karl bei der bevorstehenden Anhörung das letzte Wort hatte, sollte das möglichst günstig für Leo ausfallen.
Gesteigert wurde dieser von Leo mit Bedacht gewählte Kuschelkurs dann ein paar Tage später noch einmal beim Einzug Karls und seines Gefolges in Rom. Leo hatte keine Mühen und Kosten gespart, um den Franken einen triumphalen Empfang zu bereiten.
Warum hatte Karl der Große Skrupel, Papst Leo III. verurteilen zu lassen?
Die Beschäftigung mit Leos fadenscheinigem Verhalten führte auf der Synode in Rom zu kontroversen Diskussionen.
Zwischen Karl, dessen Söhnen und anderen wichtigen Amtsträgern kam es in der Causa Leos III. zu unterschiedlichen Auffassungen. So war Pippin König von Italien zum Beispiel für eine strikte Verurteilung des betrügerischen, prassenden und herumhurenden Fieslings; Ludwig der Fromme dagegen, der ohnehin ein geistliches Leben dem eines möglichen Nachfolgers Karls vorgezogen hätte, stellte sich auf die Seite des Papstes.
Die Mehrheit der Gefolgschaft Karls, ob von Adel oder Knecht, fühlte wie Pippin. Karl selbst war unsicher. Schloss er sich Pippins Meinung laut an, würde ihm das – einem Patricius Romanorum – schlecht zu Gesicht stehen; verhielt er sich neutral, wären die Mächtigen Roms, unter anderen auch die Familie des päpstlichen Vorgängers Hadrian I., stinksauer. Alles in allem eine schwierige Situation.
Ein Prozess, wohlmöglich verbunden mit der Verurteilung des Papstes, hätte die bisher von Karl dem Großen betriebene Politik – nämlich seine tatkräftig vorangetriebene Christianisierung innerhalb des Fränkischen Reiches – irreparabel in Frage gestellt und den Glauben nachhaltig erschüttert.
Karl wäre gesellschaftlich unten durch, und seine Verantwortung als Schutzherr der Kirche als unglaubwürdig stigmatisiert gewesen. Also, was tun? Nun, es kam nicht zum Prozess. Papst Leo III. musste den von ihm geforderten Reinigungseid ablegen, konnte Papst bleiben – und Karl wurde von ihm zum Kaiser gekrönt.
So einfach kann Politik sein ...
Hat Karl der Große von seiner bevorstehenden Kaiserkrönung gewusst?
Man weiß es nicht! Um den Akt der Krönung, existieren die unterschiedlichsten wissenschaftlichen Mutmaßungen. In einer dieser möglichen Annahmen heißt es beispielsweise, dass schon allein das Outfit Karls vermuten lässt, von der bevorstehenden Krönung gewusst zu haben.
Denn immerhin trug Karl nicht die üblicherweise von ihm bevorzugte einfache, praktische Kleidung, sondern festliche Amtstracht. Sogar auf mit Juwelen drapierte Schuhe hatte er nicht verzichtet. Die wurden in der Vergangenheit ausschließlich von Kaisern getragen.
Wusste Karl also vielleicht doch schon vorher, was da am Weihnachtstag des Jahres 800 auf ihn zukommt? Macht diese herausgeputzte Aufmachung den Frankenkönig Karl nicht verdächtig, den Kaisertitel schon lange erhofft und erwartet zu haben?
Fakt ist, Karl nahm den Titel an.
Wie ging die Kaiserkrönung Karls des Großen vonstatten?
Nun, nach der verkündeten Heilsbotschaft, kniete Karl nieder und neigte den Kopf zum stillen Gebet. Während Karl noch die letzten Worte seiner Fürbitte sprach, griff Leo nach der Kaiserkrone.
Und just in dem Moment, als Karl seine Andacht beendete und den Kopf hob, soll Leo ihm – mehr oder weniger unvorbereitet (und nicht eindeutig bewiesen) – die Krone auf den Kopf gesetzt haben.
Karls neuer Titel, von Papst Leo III. selbstverständlich auf Latein ausgesprochen, lautete in etwa sinngemäß:
- "Carolo Augusto, der allergnädigste, erhabene, von Gott gekrönte, große und Frieden stiftende König der Franken und Langobarden".
Damit war Karl der Große, rechtmäßig allerdings durchaus anfechtbar, "Imperator und Augustus" (Römischer Kaiser). Der Verweis auf "König der Franken und Langobarden" sollte deutlich machen, dass die herrschenden Franken die Römer in den Hintergrund gedrängt hatten.
Frenetischer Applaus und Lobeshymnen auf Karl als neuem "Augustus und Frieden stiftenden Kaiser der Römer" hallten durch die Basilika.
Entsprechend des Wortlauts dieser Beifallsbekundungen, war Karl nun rechtsgültiger römischer Kaiser. Aber, sah die Welt das ebenso?
Warum war Karls des Großen Kaisertitel umstritten?
Die in Rom vollzogene Krönungszeremonie bestätigte Karls Führungsrolle in der lateinischen Kirche und seine Vormachtstellung über den Papst. Das gefiel nicht jedem und nicht überall.
So herrschte zur Zeit der Krönung im oströmischen Reich Irene, Kaiserin von Byzanz. Allerdings glück- und einigermaßen erfolglos. Und überhaupt: Eine Frau als Kaiserin? Das ging gar nicht. Irene wurde abgesetzt, verbannt und der Kaiserstuhl – unter anderen von Papst Leo – als vakant erklärt.
Was aber vom Nachfolger Irenes, Nikephoros I. (760-811), durchaus anders gesehen wurde. Nikephoros akzeptierte Karls Kaisertitel nur zähneknirschend, und lehnte, wie auch etliche sonstigen byzantinischen Großkopferten, einen Brückenschlag zum Westen des Reiches ab.
Für die Byzantiner konnte Karl keineswegs den Titel "Imperator und Augustus" (Römischer Kaiser) beanspruchen. Ein Titel, der, nach dem Ende des Römischen Reiches 476, ausschließlich den byzantinischen (oströmischen) Herrschern vorbehalten war! Letztlich aber musste Byzanz die Kröte schlucken. Eine Zeitlang agierten eben zwei römische Kaiser sozusagen nebeneinander her.
Endlich, nach zähem Hin und Her wurde der Zwist schließlich begraben. Der Ostkaiser und ehemalige Finanzminister
- Nikephorus war 811 gestorben,
- sein ihm nachfolgender Sohn Staurakios kurze Zeit später abgesetzt,
Michael, der neue Ostkaiser, nannte sich, ab 812, locker-flockig ebenfalls
- "Imperator Romanorum" (Kaiser der Römer),
und erkannte Karl den Großen großmütig als ebenbürtig und "kaiserlichen Bruder" an. Eine friedliche Lösung ...
Leo III., der Durchhaltepapst
Papst Leo III., obwohl nach wie vor in weiten Kreisen unbeliebt, hielt durch. Bis 816. Im Sommer jenen Jahres verstarb Leo in Rom. Im Jahr 1673 wurde er von Papst Clemens X. (1590-1676) heiliggesprochen.
Karolingische Renaissance
Was bedeutet der Begriff „Karolingische Renaissance“?
Der Begriff "Karolingische Renaissance" umfasst die kulturelle Erneuerung – nicht nur, aber ausgesprochen ausgeprägt – zur Zeit Karls des Großen. Karl hatte Ausbildung, Bildung, Kunst und Wissen sozusagen zur Chefsache gemacht.
An seinem Hof arbeiteten und lehrten – unter anderen – Grammatiker, Dichter, Astronomen, Mathematiker, Literaten, Philosophen.
Seine Aachener Residenz wurde von seinen Zeitgenossen sogar als "Zweites Rom" oder "Zweites Athen" bezeichnet. Sogenannte Kopisten, die sich im Wesentlichen aus dem Klerus rekrutierten, kopierten Hunderte wertvoller Handschriften. Mit der Unterstützung seines Beraters Alkuin, reformierte Karl das Bildungswesen, förderte Sprache, Schrift, Literatur, Buchmalerei sowie Bauwerke karolingischer Architektur (Klöster, Kathedralen, Pfalzen).
Wer war Alkuin?
Alkuin (etwa 730-804) war ein angelsächsischer Gelehrter aus Northumbrien, einem Kleinkönigtum in England. Zuerst Benediktinermönch, Dekan und Priester, wurde er 766 zum Leiter der Domschule von York ernannt.
Anlässlich seiner zweiten Romreise, lernte er um 780 Karl den Großen kennen, und wurde – mit Unterbrechungen – von etwa 782 bis 796 dessen wichtigster Berater.
Alkuin gilt als Gründer der Hofschule in Aachen. Seit 793 lebte er, von Reisen abgesehen, durchgängig im fränkischen Reich. Im Jahr 796 ernannte ihn Karl der Große zum Abt von Saint-Martin in Tours, wo er bis zu seinem Tod 804 lebte. In vielem, fast allem, waren sich Karl und Alkuin einig und verstanden sich gut – bis auf die Tatsache, dass Alkuin Karls gewalttätige Christianisierung der Sachsen total ablehnte.
Bildungseinrichtungen und Reformen
Wie beabsichtigte Karl der Große, den Franken Lesen und Schreiben beizubringen?
Als Karl der Große 768 Teilkönig und 771 Alleinherrscher des Frankenreiches wurde, lag das Reich bildungsmäßig in der Tat im Argen. Die nach dem Niedergang des römischen Reiches geführten Kriege hatten zu regionaler Separation und sprachlicher Vielfältigkeit, und die in der Folge stattgefundenen Plünderungen zur Zerschlagung bestehender Strukturen geführt.
Karl, der diese Misere schnell erkannt hatte, versammelte um sich eine internationale Elite, deren für ihn wichtigster Berater der angelsächsische Gelehrte Alkuin war. Unter dessen Ägide verfügte er etwa um die Mitte der achtziger Jahre des 8. Jahrhunderts per königlichem Dekret (Beschluss, Anordnung, Erlass), dass in allen Klöstern und Kathedralkirchen (lat.: ecclesia cathedralis) des Reiches Schulen errichtet und eine allgemeine Schulpflicht eingeführt wurde.
Vorhaben und Zweck
Zum einen, so war Karls Intention, sollten die Menschen – mindestens – lesen und schreiben können.
Zum anderen sah Karl der Große in der guten Ausbildung breiter Schichten die Chance, bisher unentdeckte Talente ausfindig zu machen, die durch ihr Wissen später führende Aufgaben im Reich übernehmen konnten. Zum Beispiel in hohen Regierungs- und/oder Lehrämtern.
Darüber hinaus vertraten Karl und sein Berater Alkuin die Ansicht, dass sich durch eine fundierte Ausbildung im Laufe der Zeit so etwas wie eine einheitliche Rechts- und Verwaltungssprache bilden würde.
Voraussetzung und Zulassung
Die Schulpolitik Karls des Großen sah vor, den Klerus so auszubilden, dass Geistliche und Mönche befähigt wurden, Lernwillige – aus allen Schichten der fränkischen Gesellschaft – zu unterrichten. Die Voraussetzung hierfür war der schriftliche Nachweis eines erfolgreichen Schulabschlusses. Nur mit einem Zeugnis durften Lehrer auf ihre potenziellen Schüler losgelassen werden.
Als Schüler zugelassen, waren Lernwillige aus allen Schichten des Volkes. Karl wollte vermeiden, dass nur die Söhne aus dem Adel, vermögender Gutsherren oder reicher Händler die Klosterschulen besuchten.
Nein, jeder, der befähigt war, sollte die Möglichkeit des Schulbesuchs haben. Allerdings galt das nur für Schüler männlichen Geschlechts. Frauen und Mädchen dagegen, hatten bei Karl in diesem Punkt schlechte Karten.
Unterrichtsfächer
Karls des Großen Vorbild in Sachen Bildung und Kunst, war das Byzantinische Reich. Um hier ansatzweise den Anschluss zu finden, wurden in der Grundstufe zum Beispiel die Fächer Grammatik, Dialektik und Rhetorik gelehrt.
Für Fortgeschrittene standen dann Arithmetik, Geometrie, Astrologie und – man höre und staune – Musik auf dem Lehrplan. Die erforderlichen Lehrbücher ließ Karl vom Angelsachsen Alkuin erstellen.
Minuskel
Unter Aufsicht und Anleitung Alkuins, des angelsächsischen Beraters Karls des Großen, entwickelten Mönche eine neue – leicht zu lesende und flott zu schreibende – Schrift, die karolingischen „Minuskel“, die als Grundlage unserer heutigen Schrift gelten.
Wirtschaft & Finanzen
Verfügten die Karolinger über ein Geldwesen?
Ja, das taten sie! Als das Herrschergeschlecht der Karolinger auf der Bildfläche erschien, lag das zuvor römische Münzwesen allerdings noch in Händen des Klerus und/oder privilegierter Familien. Erst unter Pippin III. dem Jüngeren wurde das geändert. Der hatte nämlich erkannt, dass das Vorrecht des Münzprägens eine willkommene Einnahmequelle darstellte.
Also stellte Pippin – etwa um 755 – die "Geldproduktion" wieder unter staatliche Obhut. Münzen trugen fortan seinen, und später Karls des Großen Namen.
Auf Karl, der bereits in den achtziger Jahren des 8. Jahrhunderts das Pfund in zwanzig Schillinge und diese wiederum in je zwölf Pfennige (Denare) unterteilt hatte, geht das bis 1970 in England angewandte Währungssystem (Pfund, Schilling, Pence) zurück.
Was ist unter "Capitulare de villis" zu verstehen?
Die etwa um 812 von Karl dem Großen veranlasste Verfügung, die Capitulare de villis, ist so etwas wie eine detaillierte Gebrauchsanweisung für so gut wie alles in der Landwirtschaft Vorkommende. Anzunehmen ist, dass die darin festgehaltenen Vorgaben – auch oder wegen möglicher Zeiten des Mangels – Versorgungsengpässe vermeiden helfen und Erträge steigern sollten.
Die wiederentdeckte Nützlichkeit von Wassermühlen, Pflügen, eine mustergültig betriebene Zucht von Viehzeug aller Art sowie die Einführung der Dreifelderwirtschaft, erbrachte in der Tat nicht nur größeren landwirtschaftlichen Fortschritt, sondern gleichzeitig auch mehr Ausbeute und Gewinn.
Wie hat Karl der Große versucht, den Warenhandel zu regeln?
Um Güter und Waren wertmäßig angemessener beziffern zu können sowie den üblicherweise gepflegten Austausch in Form von Naturalien zu erleichtern, ersetzte Karl der Große die bisher gültigen Bewertungsmaßstäbe durch Münzen. Und, diese Münzen hatten immer die gleiche Legierung mit entsprechend gleicher, unverwechselbarer Prägung.
Darüber hinaus schaffte Karl so etwas wie Preisbindungsgesetze, setzte Höchstpreise – zum Beispiel für Getreide – fest, verbot den Handel bei Nacht, verurteilte das Gewinnstreben bei Ernteausfällen, und bemühte sich um die Kontrolle seiner Anordnungen.
Verwaltung
Wie verbesserte Karl der Große die Reichsverwaltung?
Karl hatte schon früh die verwaltungstechnische Problematik seines Riesenreiches erkannt. Neben der ständigen Überprüfung des Lehnswesens und Vasallentums seiner zum Reich gehörenden Gebiete durch Inspektoren, stockte er die Mitarbeiterzahl seiner Marschälle, Mundschenke, Kämmerer und Kanzler auf.
Zunehmend übernahmen Letztere auch diplomatische und militärische Aufgaben. Darüber hinaus sorgten sie für die Durchsetzung königlicher Anordnungen, die nicht mehr nur in mündlicher, sondern verstärkt auch in schriftlicher Form unter das Volk gebracht wurden.
Rechtswesen
Wie hat Karl der Große versucht, die Rechtsprechung zu vereinheitlichen?
Grundsätzlich beließ es Karl der Große bei der jeweiligen Rechtsauffassung – den so genannten Volksrechten – eroberter Gebiete.
Er reduzierte lediglich die Unzahl existierender Gesetze, veränderte sie im einen oder anderen Fall und versuchte so, eine Vereinheitlichung in der praktischen Ausübung der Rechtsprechung zu erreichen. Unter Karl dem Großen wurde die Rechtskultur der alten Römer weiterhin gepflegt, durch Kapitularien (königliche Erlasse) ergänzt und durchgesetzt.
Wie veränderte Karl der Große die Rechtspraxis?
Im Rechtswesen verringerte Karl die Häufigkeit sogenannter "verpflichtender Grafenthinge" auf drei Zusammenkünfte pro Jahr. Die bisher je nach aktuellen Erfordernissen einberufenen "gebotenen Thinge", wurden auf regelmäßig vierzehntägig stattfindende Treffen reduziert.
Die Vertreter der Gerichtsbarkeit hatten wirtschaftlich unabhängig, von tadellosem Ruf zu sein und dafür Sorge zu tragen, dass kriminelle Delikte sowie andere Rechtsverletzungen eine ausreichende Untersuchung erfuhren. Karl führte Rügenzeugen ein – ausgewählte und vereidigte Menschen, die Verbrechen ihres Umfeldes vor Gericht zu bringen hatten – und schuf so im weitesten Sinne die Basis einer Schöffengerichtsbarkeit.
Streitkräfte
Was veränderte Karl der Große militärisch?
Karl der Große rüstete seine Truppen auf. Die Grafen wurden, je nach Größe ihrer zu verwaltenden Gebiete, in die Pflicht genommen, für eine ausreichende Mannschaftsstärke zu sorgen und ihre Untertanen – auch Vasallen genannt – entsprechend auszustatten.
Es entstand so etwas, wie eine Wehrpflicht. Das Hauptaugenmerk Karls des Großen lag dabei in der Umstellung auf ein schlagkräftiges, allerdings teures, Reiterheer - der "Scara francisca" (Panzerreiter). Die Mittel dafür waren von den Lehnsherren und ihren Vasallen zu tragen.
Ausklang
Wann und wo verstarb Karl der Große – und wo ist er bestattet?
Karl der Große verstarb im Januar 814 in Aachen. Mit Mitte Sechzig. Vermutlich an einer Lungenentzündung. Sechsundvierzig Jahre hatte er das Fränkische Reich beherrscht, dominiert und gemanagt. Territorial erstreckte sich das von ihm geschaffene Reich vom heutigen Schleswig-Holstein, Friesland über Bayern und Teile Österreichs, über die Beneluxstaaten, Frankreich und die Schweiz bis nach Mittelitalien.
Obwohl Karl verfügt haben soll, seine letzte Ruhe in der Umgebung von Paris finden zu wollen, wurde Karl in der Pfalzkapelle (Marienstift), dem Mittelpunkt des heutigen Aachener Doms beigesetzt.
Die exakte Grabstelle wurde – trotz intensiver Suche über die Jahrhunderte – bisher nicht gefunden. Bis auf eine Handvoll Karl dem Großen zugeschriebener Relikte seiner sterblichen Überreste. Die wiederum, oder das, was noch zu identifizieren war, ruhen heute im Karlsschrein in der Chorhalle des Aachener Doms.
Bereits Kaiser Friedrich I. Barbarossa und der Stauferkaiser Friedrich II. hatten sich um die mutmaßlich Karl dem Großen zugehörenden Gebeine gekümmert. Barbarossa hatte 1165 eine angemessene Aufbewahrungslösung für Karls traurige Überbleibsel gefunden; der Stauferkaiser Friedrich II. sorgte 1215 für das Schließen sowie die Überführung des Schreins.
Quellen:
- "Karl der Große" (R.P. Mielke/Schneekluth Verlag, München)
- "Karl der Große" (Dietmar Pieper, Johannes Saltzwedel, Hg./DVA-Spiegel Buchverlag)
- "Karl der Große" (ZEIT-Geschichte Heft 6/19)
- "Die Welt der Karolinger" (Pierre Riché/Philipp Reclam jr. Stuttgart)
- "Deutsche Geschichte: Bd.1" (Heinrich Pleticha, Hg./Bertelsmann Lexikon Verlag)
- "Kaiser, Ritter und Scholaren" (Das farbige LIFE Bildsachbuch/rororo)