Wer waren die Argonauten?
- Aktualisiert: Montag, 10. Januar 2022 12:09
Die Argonauten sind in der griechischen Mythologie, in der Argonautensage, eine Handvoll ambitionierter Männer, die sich – gemeinsam mit ihrem Anführer Jason – per Schiff auf die Jagd nach dem so genannten "Goldenen Vlies" machen. Entsprechend des Schiffsnamens "Argo", nannten sie sich die "Argonauten".
Hauptakteure
Aus wem bestand die Gruppe, und wieso nannten sie sich Argonauten?
Die namhaftesten dieser Männer (und Frauen) waren:
- Herakles (lat. „Herkules“),
- Orpheus (berühmter Sänger und König Thrakiens auf dem Balkan),
- Kastor und Polydeukes (lat. „Castor“ und „Pollux“ = Zwillingsbrüder von Helena und Klytaimnestra),
- Peleus (Vater des Achilles),
- Theseus (Sohn des Poseidon) sowie – um einer vorweggenommenen „Frauenquote“ gerecht zu werden –
- Atalanta, eine erfolgreiche Jägerin.
Jason
Jason war der Neffe des Königs Pelias, der dessen Vater hatte entmachten lassen, um Jason von der ihm eigentlich rechtmäßig zustehenden Thronfolge auszuschließen.
Als Jason eines Tages seinen Anspruch auf den ihm zustehenden Königstitel geltend machte, bot der Onkel ihm an, den Platz frei zu machen, wenn es Jason gelänge, ihm für dieses Entgegenkommen das „Goldene Vlies“ zu besorgen. Jason sagte zu, sammelte eine Reihe strahlender Helden um sich und gründete die Interessenvertretung der Argonauten. Da an dem Segler, mit dem sich alle gemeinsam auf den Weg machten, der Name "Argo" angebracht war, nannte sich die Truppe um Jason eben schlicht "Die Argonauten".
Goldenes Vlies
Was ist das?
Das "Goldene Vlies" ist das Fell eines Widders. Allerdings ist dieses Fell aus purem Gold. In der Mythologie wollte Hermes, der Schutzgott der Reisenden, mit dem "goldenen" Widder den Königssohn Phrixos davor behüten, den Göttern geopfert zu werden. Auftraggeber dieser Opferung war dessen Vater, der – so, wird es in der Mythologie erzählt – von seiner zweiter Frau, Ino, dazu angestiftet wurde, weil sie sowohl Phrixos, als auch dessen Schwester Helle nicht leiden konnte. Aber der Widder half beiden aus der Patsche, setzte sie auf seinen Rücken und machte sich mit ihnen davon.
Phrixos
Phrixos ist der Sohn des Königs Athamas von Böotien/Griechenland. Die Mutter war eine gewisse Nephele, die Schwester hieß, wie gesagt, Helle.
Hellespont
In der Antike war „Hellespont“ die Bezeichnung der Meerenge zwischen Europa und Asien. Heute wird die Verbindung zwischen Ägäischem- und Marmarameer Dardanellen genannt. Die Dardanellen – und bei Istanbul der Bosporus – trennen den europäischen vom asiatischen Teil der Türkei.
Es war Helle, die Schwester des gefühlskalten Phrixos aus der Geschichte des Widders mit dem „Goldenen Vlies“, die während der Rettungsaktion durch den „goldenen“ Widder von dessen Rücken und in die besagte Meerenge fiel. Fortan trug diese Gegend den Namen "Hellespont", das "Meer der Helle".
Undank ist der Welten Lohn
Aber, wieder zurück zum "goldenen" Widder.
Der konnte Phrixos, jetzt ohne Helle, glücklicherweise zwar davontragen und in der Gegend zwischen Kaukasus und Schwarzem Meer absetzen, erhielt vom so Geretteten leider aber nur Undank als Lohn.
In einem Anflug von Eitelkeit und Gefallsucht opferte Phrixos das Tier, also den Widder, dem Göttervater Zeus, aber das zuvor abgezogene Widderfell, das "Goldene Vlies", schenkte er König Aiétes. Der wiederum war Herrscher über den neuen Aufenthaltsort, an dem Phrixos nun lebte. Wahrscheinlich der Versuch, sich mit diesem wertvollen Geschenk bei Aiétes beliebt zu machen.
Was sollte Jason tun, um an das „Goldene Vlies“ zu kommen?
Natürlich hatte Aiétes nicht die Absicht, das „Goldene Vlies“ Jason und seinen Argonauten freiwillig zu überlassen! Höchstens unter der Voraussetzung, dass Jason die von ihm, König Aiétes gestellte Aufgabe, die mit wilden Stieren, einem Pflug, Drachenzähnen und sich daraus entwickelnden kampfstarken Haudegen zu tun hatte, lösen könne. Obwohl scheinbar eine schier unmöglich zu lösende Aufgabe, nahm Jason die Wette an.
Expedition
Was erlebten die „Argonauten“ auf ihrer Reise zum Land des „Goldenen Vlieses“?
Wie in der griechischen Mythologie nicht unüblich, erlebten die Argonauten Ungeheuerliches! Während Herakles nach dem Tod seines guten Freundes Hylas bereits frühzeitig das Unternehmen verließ, mussten sich die Argonauten erst einmal gegen die Harpyien durchsetzen. Das waren schaurige, gruselige und unappetitliche weibliche Sturmwinde, die zwar für beträchtlichen Ärger sorgten – die Argonauten allerdings nicht nachhaltig aufhalten konnten.
So gelang es den Argonauten,
- die Symplegaden (in der Mythologie waren das bewegliche Felsen, die die Durchfahrt vom Bosporus zum Schwarzen Meer stark erschwerten) mit List und Tücke zu durchschippern,
- die sich ihnen entgegenstellenden Amazonen schlicht zu ignorieren,
- am nach wie vor an den Felsen gefesselten Prometheus vorbei zu segeln, ohne ihm zu helfen,
um schließlich und endlich Kolchis, das Land zwischen Kaukasus und Schwarzem Meer zu erreichen. Dort herrschte, wie gesagt, König Aiétes, der seit geraumer Zeit – dank Phrixos – im Besitz des "Goldenen Vlieses" war.
Hera, Eros, Medea und das „Goldene Vlies“
Hera, die Gattin des Zeus, muss geahnt haben, das Jason im Erreichen seines Zieles, das „Goldene Vlies“ zurückzugewinnen, nicht allein auf die Unterstützung seiner Gefährten bauen konnte. Also musste Abhilfe geschaffen werden.
Aphrodites Sohn Eros wurde ausgeguckt, um Medea, der Tochter des Königs Aiétes, einen Liebespfeil zu senden. Und tatsächlich – Medea verliebte sich in Jason. Sie unterstützte ihn im Kampf um das "Goldene Vlies", lebte eine Zeitlang glücklich mit Jason in Korinth, bekam zwei Söhne von ihm, wurde aber letztlich – wegen der Tochter des Königs Kreon von Korinth – von Jason verlassen.
Wie löste Jason die ihm von Aiétes gestellte Aufgabe?
Mit Hilfe von Medea, der Tochter des Königs Aiétes!
Medea – die vom Liebespfeil des Eros getroffen worden war – salbte Jason mit einer Tinktur, die ihn unverwundbar machte. Außerdem gab sie ihm einen Stein, der – im passenden Moment geworfen – durchaus nützlich sein würde.
Gesagt, getan. Jason spannte die widerspenstigen Stiere ein, pflügte den Acker, säte die Drachenzähne und besiegte (dank der Hilfsmittel der listigen Medea sowie der sich daraus ergebenen Selbstzerfleischung der Gegner) die aus den Drachenzähnen entstandene Legion unheilvoller Krieger.
Verständlicherweise war der gute König Aiétes über den siegreichen Jason "not amused" ...
Wie kam Jason schließlich in den Besitz des "Goldenen Vlieses"?
Wieder mit Medeas tatkräftiger Unterstützung. Jason hatte ihr inzwischen ewige Treue geschworen!
Zauberkundig wie sie war, gelang es Medea, die als Bewacher des "Goldenen Vlieses" abgestellte Schlange kampfunfähig zu machen und das Vlies zu entwenden. Alle gemeinsam – Medea, Jason und seine Argonauten – erreichten die Argo, das Argonautenschiff, und beeilten sich, das Ufer hinter sich zu lassen. Allerdings tötete Medea zuvor noch schnell ihren Bruder auf eine reichlich unschöne Art. Er wurde von ihr mehr oder weniger bestialisch zerstückelt. So war das damals: In der Mythologie!
Nachspiel
Was erfuhr Jason bei der Übergabe des "Goldenen Vlieses" an Pelias?
Jason und Medea hatten sich nach der Ankunft in Griechenland von den Gefährten, den Argonauten, verabschiedet. Jeder ging wieder seine eigenen Wege.
Jason und Medea gingen zu Pelias, überreichten ihm das "Goldene Vlies" und erwarteten, dass Pelias nun sein Jason zuvor gegebenes Versprechen, ihn im Gegenzug zum Vlies den Thron besteigen zu lassen, einhielt. Doch daran, an diese Zusage, wollte Pelias sich nun überhaupt nicht mehr erinnern. Im Gegenteil! Inzwischen hatte er seinen Bruder, Jasons Vater, genötigt, Selbstmord zu begehen. Außerdem war Jasons Mutter – aus Gram über den Tod ihres Gatten – verstorben.
Das zu hören, machte Jason nicht nur traurig, sondern auch wütend. Er schwor bittere Rache.
Jasons Rache an seinem Onkel Pelias
Die, wie gesagt, in Zauberkünsten bewanderte Medea redete den Töchtern des Pelias ein, sie kenne einen Jungbrunnen für den Vater. Den Beweis für ihr Talent in diesen Dingen, erbrachte Medea mit Hilfe eines altersschwachen Widders (nicht der "goldene"). Sie zerlegte das Tier in Stücke, kochte diese ein, sprach eine Zauberformel, und schwupps, aus dem Bottich sprang ein taufrisches Lamm.
Die Töchter des Pelias waren begeistert, folgten dem Vorgehen der Medea und tranchierten den Vater. Nachdem der zerlegte Pelias gekocht war, warteten die dummen Töchter auf das Abrakadabra der Medea. Aber, sie warteten vergebens. Medea hatte sich längst aus dem Staub gemacht, Pelias war hinüber und Jason hatte seinen Racheschwur eingelöst.
Für wen verließ Jason Medea?
Für die Tochter des Königs von Korinth!
Obwohl Jason mit Medea seit Jahren glücklich verheiratet war und sogar zwei Söhne mit ihr hatte, schien ihm sein familiäres Umfeld nicht mehr zuzusagen. Er wollte standesgemäße, adelige Kinder, die – im Gegensatz zu seinen Söhnen aus der Verbindung mit Medea – erbberechtigt wären.
Also entschied er sich, Medea durch Kreon, König von Korinth, des Landes verweisen zu lassen, dessen Tochter zu ehelichen und mit ihr ein neues Leben zu beginnen. Dafür, dass Medea ihm in der Vergangenheit in zahlreichen Fällen aus der Klemme geholfen hatte, brachte Jason mit dem Tunnelblick des Frischverliebten nur gleichgültiges Achselzucken auf – was sich rächen sollte.
Ausklang
Wie endet die Geschichte des Argonautenanführers Jason?
Wie so oft in der griechischen Mythologie endete die Geschichte mit Mord, Grausamkeit und offenem Ausgang. Medea, gekränkt durch Jasons Zuwendung zur jungen Tochter des Königs von Korinth, bestrich ein Kleid mit einer giftigen Emulsion, ließ es durch ihre Söhne der Konkurrentin überbringen und wartete ab, was geschieht. Und es geschah Fürchterliches!
Medeas Gegenspielerin zog, möglicherweise erfreut über das wunderbare Geschenk, aber um die drohende Gefahr nicht wissend, das Kleid an – und erlag im gleichen Augenblick, sozusagen unverzüglich, dem tödlichen Gift.
Gut, und nun?
In der weisen Voraussicht, dass ihre Söhne von ihrem Vater, Jason, nichts Positives mehr zu erwarten hatten, wurden sie kurzerhand von Medea getötet. Als schließlich Jason vom Tod seiner Zukünftigen erfuhr, aufgebracht und vor Wut schnaubend zu Medea eilte, seine Söhne dort tot liegen sah – merkte er schnell, dass seine Rachegelüste ins Leere gingen. Denn Medea hatte längst das Feld geräumt und sich dünne gemacht ...
Übrigens
Anzumerken wäre hier, dass der doppelte Kindsmord in der griechischen Mythologie, der Argonautensage, nicht nachgewiesen ist. Vielmehr wurde dieser Mord erst später (etwa 431 v. Chr.) von Euripides (etwa 480-407 v. Chr.) in dessen Tragödie "Medea" als dramaturgisches Handlungselement aufgenommen.
Und, was wurde – angeblich – aus Medea?
Nach dem Debakel mit ihrem fremdgehenden Ehemann Jason, dem Tod ihrer Nebenbuhlerin, der Tochter des Königs von Korinth, sowie dem Mord an ihren Söhnen, floh Medea auf einem vom Sonnengott Helios geschickten Drachenwagen nach Attika. Da Theseus, der Sohn des attischen Königs Ägeus, ihr aus unerfindlichen Gründen nicht gewogen war, zog Medea weiter nach Asien. Abgesehen von einigen anders lautenden Versionen der griechischen Mythologie, scheint sich ihre Spur dort verloren zu haben – oder doch nicht? Wer weiß das schon so ganz genau?
Quellen:
- "50 Klassiker - Mythen" (Gerold Dommermuth-Gudrich/Gerstenberg)
- "Mythologie für Dummies" (Christopher W. Blackwell, Amy Hackney Blackwell/mitp-Verlag, Bonn)
- "Sagen des klassischen Altertums" (Gustav Schwab/Loewes Verlag Ferdinand Carl, Stuttgart)