Hugenotten und Bartholomäusnacht
- Aktualisiert: Montag, 10. Oktober 2022 11:23
Der Begriff Hugenotten bezeichnet, etwa ab Mitte des 16. Jahrhunderts, die Protestanten in Frankreich. Wegen ihres calvinistischen Glaubens – Calvinismus: benannt nach dem französischen Reformator Johannes Calvin (1509-1564) – wurden sie von den Katholiken verfolgt, oft hingerichtet, in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt, 1598 in ihrer Glaubensausübung von staatswegen bestätigt, aber 1685 unter König Ludwig XIV. erneut verboten. Woraufhin sich spätestens jetzt die Hugenotten ins benachbarte Ausland, u.a. nach Amerika, Kanada und in andere Gegenden absetzten.
Namensherkunft
Warum werden die Hugenotten Hugenotten genannt?
Zu dieser Frage gibt es die eine oder andere – allerdings nicht wirklich abgesicherte – Interpretation:
- Zum einen wird da ein gewisser König Hugues Capet ins Feld geführt, der, wie Hamlets Vater aus Shakespeares gleichnamigen Drama, als Gespenst unterwegs gewesen sein soll. Der hat, der Legende nach, auf seinen nächtlichen Wanderungen ständig das Hugotor in der Stadt Tours passiert. Ihm, diesem Phantom, setzten die Katholiken die Protestanten gleich, hielt man sie doch für schlecht beleumundete Typen von zweifelhaftem Ruf. Daher die Analogie: Hugotor -> "kleine" Hugos -> Huguenot -> Hugenotten.
- Eine andere Lesart bieten sowohl ein Schweizer Widerstandskämpfer namens Besancon Hugues (1482/91-1532), als auch der schweizerisch-deutsche Begriff Eidgenosse (fz.: eiguenot -> huguenot -> Hugenotte).
Wie auch immer. Fakt ist, dass die Hugenotten sich nie selbst als Hugenotten bezeichnet haben.
Frontstellung
Wer war gegen wen?
Protestantismus war dem katholischen Frankreich suspekt. Also wurden die Hugenotten wegen ihres Glaubens verfolgt.
Neben der den Hugenotten gegenüber oft ambivalent agierenden französischen Königin Katharina de’ Medici (1519-1589), waren die hauptsächlichen Initiatoren dieser auch von Hass geprägten Unterdrückung:
- die königliche Familie im Allgemeinen,
- die katholischen Adels- und Herzogsfamilien Guise, Bourbon und Chátillon sowie
- das ebenfalls streng katholische spanische Königshaus Philipps II. (1527-1598) im Besonderen.
In der Zeit zwischen 1562 und 1598 fanden acht sogenannte Hugenottenkriege statt. Allerdings waren diese Auseinandersetzungen letztlich nur vordergründig religiös motiviert. Vielmehr spielten dabei Machterhalt sowie das Nichtaufgeben wollen einer – als ganz natürlich vorausgesetzten – Vorrangstellung seitens der herrschenden Klasse eine erhebliche Rolle. Und wie so oft, wenn es um das Deutungsmonopol geht, wechselten die Koalitionäre schon mal beherzt die Seiten. Je nach Lage der Dinge und der eigenen Interessenlage.
Ausgang
Was wurde schlussendlich aus den Hugenotten?
Killing Fields: Bartholomäusnacht
Ihren unrühmlichen Höhepunkt fanden diese Auseinandersetzungen 1572 im Massaker der so genannten Bartholomäusnacht, auch Pariser Bluthochzeit genannt.
Der Begriff Bartholomäusnacht geht vermutlich auf einen der Jünger Jesu namens Bartholomäus zurück, dessen Namenstag – ebenso wie der Beginn dieser Mordnacht – auf den 24. August datiert wird.
Und die schauerliche Wortschöpfung Pariser Bluthochzeit hat mit der um dieses Datum herum angesetzten Hochzeit Margarethes, einer Tochter Katharinas de’ Medici, mit dem Hugenotten Heinrich von Navarra (1553-1610) zu tun.
Gutgemeinter Beginn, desaströses Ende
Diese, die Gemüter eigentlich beruhigen sollende Hochzeit, war die Goodwill-Idee eines hugenottischen Admirals und geschah in Absprache mit dem vorübergehend pro protestantisch denkenden König Karl IX. (1550-1574). Aber, das Unternehmen, also die Hochzeit, scheiterte. Zwar wurde drei Tage tüchtig gefeiert, aber dann machte sich der Widerstand gegnerischer Kräfte Luft.
Im Schulterschluss mit dem Adeligen Henri de Guise (1550-1588) gab Katharina de’ Medici ihr ok und ihr wenig den Verstand gebrauchender und politisch ohnehin dilettantisch agierender Sohn Karl IX. den Befehl zum, man muss es so sagen, Abschlachten tausender Hugenotten in Paris und ganz Frankreich. In der Bartholomäusnacht am 24. August 1572.
Zwei Jahre später, sein auf Betreiben der Mutter gegebener Befehl muss ihm nicht zur reinen Freude gereicht haben, wurde Karl depressiv und verstarb im Mai 1574. Vermutlich an Tuberkulose. Er wurde dreiundzwanzig Jahre alt.
Katharina de’ Medici dagegen soll sich in der Folge um ein friedliches Miteinander der konfessionellen Parteien sowie um einen Schulterschluss mit Spanien bemüht haben. Immerhin!
Katharina verstarb im Januar 1589 im Schloss von Blois an der Loire und fand ihre (vorerst) letzte Ruhestätte in der Kathedrale/Basilika Saint-Denis nahe Paris. Während der Französischen Revolution (1789 bis etwa 1799) wurde das Grab allerdings von marodierenden Banausen rücksichtslos zerstört. Heute befinden sich die – ihr nicht mehr direkt zuzuordnenden – sterblichen Überreste in einem so genannten Beinhaus der besagten Kathedrale.
Fazit
Zwar wurde die Religionsausrichtung der Hugenotten viele Jahre später, 1598 im Edikt von Nantes, von König Heinrich IV. von Navarra (1553-1610) anerkannt, allerdings 1685 von König Ludwig XIV. (dem Sonnenkönig, 1638-1715) im Edikt von Fontainebleau wieder einkassiert – die Ausübung ihrer Glaubensausübung also von Neuem verboten. Grund genug für die Hugenotten, sich aus Frankreich zurückzuziehen und über die (halbe) Welt zu zerstreuen ...
Wo kann man eindrucksvoll sachdienliche Hinweise auf die Bartolomäusnacht erhalten?
"Die Bartholomäusnacht" gibt’s – das weiß natürlich jeder interessierte Cineast – als Film aus dem Jahr 1994. Unter der Regie von Patrice Chéreau. Isabelle Adjani spielt Margarethe/Margot und Virna Lisi gibt Katharina de’ Medici ein Gesicht …
Quellen:
- "Ketzer, Bauern, Jesuiten" (rororo: Das farbige LIFE Bildsachbuch)
- "Duden - Das große Buch der Allgemeinbildung" (MEV-Verlag, Augsburg)