Mormonen: Fragen und Antworten
- Aktualisiert: Freitag, 28. Januar 2022 08:13
Was ist die "Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage"? Wer hat die unter dem Namen Mormonen bekannte Glaubensgemeinschaft wann gegründet? Was genau ist das Buch Mormon? Warum werden die Mormonen Mormonen genannt? Wie kamen die Mormonen nach Salt Lake City? Diese und weitere Fragen zu diesem Thema möchten wir in diesem Beitrag versuchen zu beantworten.
Urheber
Wer war Joseph Smith?
Joseph Smith (1805-1844), aus dem US-Bundesstaat Vermont stammend, betätigte sich schon in jungen Jahren – gemeinsam mit seinen Eltern – als sozusagen kommerzieller Schatzsucher und war sich sicher, über ganz besondere seherische Fähigkeiten zu verfügen.
Mit fünfzehn Jahren, so heißt es, sind ihm zuerst Gottvater und Christus erschienen und wenig später ein himmlisches Wesen, das ihm einen Propheten namens Moroni vorstellte. Dieser Moroni wiederum wies ihm, Joseph, den Weg zum Wort Gottes in Form einer mutmaßlich auf Goldplatten festgehaltenen Niederschrift in altägyptischer? Sprache.
Lebensabriss
Joseph suchte, und fand das ihm derart angekündigte Kompendium vorgeblich auf einem Hügel im Westen des US-Staates New York. Er übersetzte das Werk ins Englische,
- veröffentlichte es 1830,
- gründete im selben Jahr, also 1830, die Church of Christ (Kirche Christi),
- zog mit seinen Anhängern in den Jahren darauf über Ohio und Missouri nach Illinois,
- gründete dort die Stadt Nauvoo,
- wurde Bürgermeister,
- bewarb sich – vergeblich – um die amerikanische Präsidentschaft,
- kam, wegen seiner Kritik an und damit einhergehenden Attacken gegen die Pressefreiheit, in Haft, und wurde schließlich
- 1844 Opfer eines enthemmten, empörten und wutschäumenden Mobs. Er wurde gelyncht.
Anmerkung
Joseph Smith erlaubte 1843 die so genannte Mehrehe oder auch Vielweiberei, und soll sich selbst mehr als zwanzig Frauen gestattet, aber nur mit einer von ihnen neun Kinder gezeugt haben.
Seine Kirche allerdings, die Church of Christ, umbenannt:
- 1834 in Church of the Latter Day Saints und
- 1838 in Church of Jesu Christ of Latter Day Saints (Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage),
wurde dann im Folgenden unter dem Begriff Mormonen (nach dem von ihm verfassten Buch Mormon) als Religionsgemeinschaft, in der Joseph Smith als erster Prophet gilt, allgemein bekannt.
Wer war Brigham Young?
Die Gemeinschaft gewann schnell Gleichgesinnte (z.B. in Ohio, Missouri, Illinois), wurde zwar zu Anfang der Bewegung wegen ihrer fremdartigen Rituale und Praktiken – unter anderem Polygamie (1890 abgeschafft) und Okkultismus – verfolgt und ihr Gründer wie gesagt 1844 ermordet, konnte sich aber schon bald unter Smith´ Nachfolger Brigham Young (1801-1877) etablieren.
Young, gelernter Schreiner, seit 1832 Mitglied der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage und nach dem Tod Joseph Smith' von den Gläubigen zum zweiten Propheten, Seher und Offenbarer avanciert, begeisterte seine Anhänger für das seinerzeit noch so gut wie unberührte Gebiet der Rocky Mountains (heute: Utah/USA), und gründete dort um 1846/47 herum schlussendlich die Stadt Salt Lake City, die bis heute nicht nur Hauptstadt des US-Bundesstaates Utha ist, sondern gleichfalls als Hochburg der Mormonen gilt.
Bilanz
Verehelicht mit siebzehn Frauen, missionierte Brigham Young zwischen 1839 bis 1841 in England, wurde innerhalb der Kirche Präsident des Kollegiums der zwölf Apostel, reorganisierte die Kirche, war nebenher Territorialgouverneur Uthas und machte sich um die Kolonisierung des Gebietes um die Rocky Mountains verdient.
Kurz und gut: Er hat die Glaubensgemeinschaft gefestigt, gestärkt, nachhaltig in der Gesellschaft verankert und letztlich ein noch heute blühendes Gemeinwesen geschaffen.
Glaubensrichtung
Woran glauben die Mormonen?
Kurz gesagt, sehen sich die Mormonen als die einzig wahre Kirche, die das Evangelium – sozusagen als Wiederherstellung ursprünglicher Werte – neu zu verkünden hat. Obwohl von außen häufig protestantisch eingeordnet, sind sie weder das, noch fühlen sie sich den Katholiken zugehörig. Im Gegenteil!
Die von diesen beiden Kirchen angestrebte Ökumene („der Dialog, die Zusammenarbeit der monotheistischen Religionen: Juden-, Christentum und Islam“) zum Beispiel, wird von den Mormonen strikt abgelehnt.
Zwar berufen sie sich in Teilen auch auf die Bibel, fühlen sich aber in erster Linie dem Buch Mormon verpflichtet, das u.a. von einer ersten Besiedlung Amerikas durch einen um 600 v. Chr. vermuteten Stamm Israels erzählt.
Grundsätzlich verkündet das Mormonentum den Glauben, wonach auch der Mensch, wenn er denn den Gesetzen und Geboten ihrer Kirche (die, der Mormonen) Folge leistet, durchaus ebenfalls Gott werden kann.
Skepsis
Ein Modell des auf Goldplatten geschriebenen Buches, gefertigt nach der Beschreibung von Joseph Smith ist im Museum für Kirchengeschichte in Salt Lake City zu besichtigen. Das Original, angeblich von einer Handvoll zeitgenössischer Zeugen bestätigt, wurde von Joseph Smith dem Engel zurückgegeben, ist also futsch.
Strukturen
Wie ist die Kirche der Mormonen organisiert, wo finden Gottesdienste statt?
Die Organisation der Kirche folgt strengen hierarchisch geprägten Regeln. An der Spitze steht ein von zwei Ratgebern unterstützter „offenbarender Prophet“, der als Präsident fungiert.
Des Weiteren gibt es
- das Apostelkollegium (Rat der Zwölf),
- den Rat der Siebziger (zuständig für Missionsarbeit),
- eine präsidierende Bischofschaft (zuständig für Verwaltungsaufgaben) sowie
- die niederen Ämter: Priester, Lehrer und Diener.
Gottesdienste finden in jedermann zugänglichen Gemeindehäusern sowie in nur den Mitgliedern offenstehenden sogenannten Tempeln statt.
Worin bestehen die Tempelrituale der Mormonen?
In die sogenannten Tempel der Mormonen, kommt nur ein ausgewiesenes und mit einem Tempelempfehlungsschein ausgestattetes Mitglied der Gemeinde.
In den Tempeln finden u.a. statt:
- die Taufe (in der Regel ab Vollendung des achten Lebensjahres),
- die Taufe für Verstorbene (denen so die Möglichkeit gegeben wird, noch nach dem Ableben Mormone werden zu können),
- die Ehesiegelung (die sowohl für die Zeit auf Erden gilt, aber mit dem Tod des Partners gelöst wird, als auch – ein Jahr später – die Gelegenheit bietet, sogar für die Ewigkeit im Himmel mit dem Verstorbenen verbunden zu bleiben),
- das Abendmahl (das im Wesentlichen das Erreichen einer perfekten Harmonie mit Gott zum Ziel hat) sowie
- das sich in zeremoniellen Handlungen ausdrückende Endowment, die sogenannte Ausstattung des gläubigen Mormonen mit den notwendigen Mitteln für den Eintritt in das Himmelsreich.
Wie haben sich Mormonen im täglichen Leben zu verhalten?
Menschlich vorbildlich, entsagungsvoll und möglichst keusch. So sind Mormonen
- zur Abgabe eines Zehntel ihres Einkommens sowie
- zu freiwillig ausgeführtem ehrenamtlichen Engagement und der Hilfsbereitschaft Bedürftigen gegenüber verpflichtet,
- haben sich vorehelichem Sex zu enthalten,
- lehnen Drogen, Piercing, Tabak-, Alkohol-, Kaffee- und sogar (schwarzen) Teegenuss ab und
- haben im Übrigen ein gottgefälliges Familienleben zu pflegen.
Wie viele Mitglieder gehören dem Mormonentum an?
Zurzeit gehören dieser Religionsgemeinschaft (geschätzt) gut dreizehn/vierzehn Millionen Mitglieder an, deren überwiegender Teil – auch mit Größen aus Politik (zum Beispiel dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten 2012, Mitt Romney), Wirtschaft und Society – in den USA lebt.
Aber nach wie vor sind junge männliche Neueinsteiger verpflichtet, weltweit im Namen ihrer „Kirche Jesu Christi der Heiligen der letzten Tage“ zu missionieren.
In der Regel sind das Mitglieder, die ihrer Überzeugungsarbeit ausnahmslos im „Businessanzug mit Schlips und Kragen“ nachgehen, was durchaus einem marktwirtschaftlich agierenden Unternehmensvertreter ähnelt, der, statt Maschinen, Nahrungsmittel oder Staubsauger an den Mann zu bringen, in diesem Fall Religion zu verkaufen versucht – allerdings ohne adäquate Bezahlung.
Quellen:
- "Religionen der Welt – kompakt und visuell" (Philip Wilkinson/Dorling Kindersley Verlag, München)
- "USA – Der Westen" (Werner Krum/Prestel-Verlag, München)
- "Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika" (Udo Sautter/Alfred Kröner Verlag, Stuttgart)